Montag, 14. Februar 2011

K 70-Werft – 3. Teil

Folienscheibe und Folienmotorhaube
Ich hatte mir die allergrößte Mühe gegeben, den „braunen Feind aus meinem Auto“ zu verbannen. Immerhin gelang es dem fiesen Eisenbeißer, allein bei der Modellreihe VW K 70 (werksintern Typ 48), eine nahezu komplette Population von einstmals 211.127 Einheiten innerhalb von geschätzten zehn Jahren, quasi schrotthum, für neue Rostfraß-Gelage nach baldiger Wiedergeburt in Hochöfen vorzubereiten. Auch eine Auskunft vom Kraftfahrbundesamt in Flensburg spricht hier eine deutliche Sprache: im Heimatland dieses durchaus geschichtsträchtigen Automobils kann man die deutlich unter 500 zugelassenen Fahrzeuge nur noch zu einer „vom Aussterben bedrohten Masse“ und meine Garage zu einem der seltenen K 70-Reservate und somit zur K 70-Schutzzone erklären.

Sonntag, 6. Februar 2011

K 70-Werft – 2. Teil

Beim Schweissen wird dem
Metall Sauerstoff zugeführt
Eine Restauration ist eine
Materialschlacht

Welch ein Aufwand für ein altes Auto! Eine ganze Rolle Schweissdraht, zwei Flaschen Schutzgas, unzählige Flexscheiben, einige teure Meter frisch geschnittenen und gebogenen Blechs und reichlich lieber nicht zusammengerechnete Zeit hat es mich gekostet, um aus meinem maroden kleineren NSU-Ro80-Geschwister wieder ein Fahrzeug mit einer aussichtsreichen Zukunft zu machen.

Zu machen? Ehrlich gesagt gehörte schon eine beachtliche Kreativität dazu, wie Knäckebrot knisternde und genauso brüchige oder gänzlich in Ferrum-Oxyd aufgelöste Automobilbaukonstruktionen künstlerisch gestaltend nach zu empfinden. Dass diese zudem auch eine dem kompletten Mikrokosmos dieses K70 Halt und Stabilität gebende Funktion hatten – und nun auch hoffentlich wieder haben – war mir während meiner tagelangen Schweiss-Arien natürlich ständig gegenwärtig.

Samstag, 5. Februar 2011

K 70-Werft – 1. Teil

... den mach ich GANZ BESTIMMT wieder fertig!
Nachdem ich schon berichtet hatte, wie es überhaupt dazu kommen konnte (hier und hier) möchte ich nun darüber erzählen, zu was dieses Gefühl für einen 1974er mit 100PS in der Version LS der Spezies VW K 70, jenes legendären Modells, für das damals extra das VW-Werk in Salzgitter aus dem Boden gestampft wurde, in der Lage war… und noch immer ist.
Wer sich mit alten Autos und deren Restauration befasst, der kennt das. Steht das Objekt der Begierde zum Beispiel irgendwo weit weg in einer Scheune, wird Zeit zum Kaugummi. Aus den Augen, (fast) aus dem Sinn! Allzu häufig verglimmt das einst kochende Vorhaben (“… den mach ich GANZ BESTIMMT wieder fertig!”) und irgendwann fällt die alte Scheune um, brennt ab, das Fahrzeug gerät in Vergessenheit oder ein dreister Schrottie reisst sich den vermeintlichen Fund unbefugt unter den Nagel.
... auch aus fast 500 Metern Höhe gut zu erkennen: eine Garagenwerkstatt, die fast so groß ist, wie das Wohnhaus daneben
Darum habe ich mir damals von meinem hochbauingenierenden Vater eine Garage neben den Neubau meines Einfamilienhauses planen und unter enormem eigenen Körpereinsatz (hinterher fetter Bandscheibenvorfall) auch bauen lassen.

Irgendwann war dann auch sämtliches Gerödel aus den umliegenden Scheunen, Schuppen und Garagen unter dem großen Dach versammelt. Und natürlich mein gelber K 70 LS stand mir quasi direkt vor Ort zur Verfügung. Mit diesen optimalen Bedingungen wagte ich also den ersten Schritt der anstehenden Restauration.

ALLES MUSS RAUS...
 
Nachdem ich das Fahrzeug anläßlich des Treffens eines K 70-Clubs in der relativen Nähe ausgiebig getestet hatte, machte ich mich also frisch ans Werk. Die Rundumerneuerung des künftig in meiner Garagenwerkstatt hausenden Fahrzeugs sollte gut überlegt sein. Für mich kam daher nur eine Ausführung in der Art von „ordentlich oder gornich“ in Frage. Dass so etwas nicht in vier Wochen zu erledigen war, verstand sich wohl von selbst… dass es allerdings Jahre, sogar Jahrzehnte in Anspruch nehmen würde, wäre mir damals jedoch nicht in den Sinn gekommen.

K 70-Problemzone: der Federbeindom vorne rechts. Hier hat die Konstruktion unter der Hitze des vorbeiführenden Abgaskrümmers zu leiden... und nicht nur das. Meines Erachtens gibt`s hier auch einen Konstruktionsfehler. Deswegen rostet's!
Also begann ich tapfer mit der Demontage. In weiser Voraussicht sammelte ich sämtliche Teile und Schrauben in Kartons und Behältern. Die wurden dann sorgsam beschriftet und eingelagert. Dinge, die es zu überarbeiten galt, lagerte ich extra und bearbeitete sie in Zeiten, in denen es zum Beispiel in der Werkstatt zu kalt war. Auf die Weise erhielt beispielsweise der Bremskraftverstärker seinen neuen Anstrich in irgendeinem der folgenden Winter in meinem Wohnzimmer.

Stabile Seitenlage
Die inzwischen komplett nackte Karosserie des Fahrzeugs trennte ich sogar vom Fahrgestell. Es blieb nur noch der eigentliche Rumpf, bestehend aus Fahrerkabine, also Bodenblech, Dach und Fensterholme sowie der Innenbleche des Motorraums (die vorderen Kotflügel sind werksseitig verschweisst!) und der Kofferraum samt Seitenteilen. Mittlerweile war auch eine Bestandsaufnahme möglich. Angefangen bei den vorderen Kotflügeln, dem rechten inneren Federbeindom, den beiden Längsstreben unter den Fußräumen im Fahrer-/Beifahrerbereich, bis zu den kompletten Fahrzeuglängsträgern („Schwellerbleche“) im Spritzbereich, sowie den hinteren Radhäusern und den Querträgern unter dem Kofferraumboden war das Werk des „Gemeinen braunen Eisenbeissers“ zu bewundern. Und das bedeutete für mich: Arbeit satt!

Nichts Neues... früher wie heute: aufgerosteter Schweller (z.B. noch immer bekanntes Opel-Problem)
Und es war somit auch klar, dass die umfangreichen Schweissarbeiten überwiegend im Über-Kopf-Bereich stattfinden mussten. Eine Tatsache, die ich nicht akzeptieren konnte und wollte, denn ich hatte einfach wenig Lust auf schwer verheilende Brandwunden von herabfallendem Funkenflug. Also entwickelte ich einen Plan. Auf historischen Fotos des VW-Werks Salzgitter hatte ich gesehen, dass die Produktion teilweise in gekippter Haltung des Torsos erfolgt war. Mit allerhand Tricks und Hebeln legte ich also die Karosserie einfach hochkant auf die Seite. So konnte ich fast mühe- und gefahrlos flexen und schweissen. Eine Idee, die dem Gelingen der Sache besonders im Nachhinein sehr zuträglich war – ich ließ mir viel Zeit und gab mir ebenso viel Mühe mit den bequemen Arbeitsgängen.

Rost at it's best!
Am meisten fürchtete ich mich vor dem Austausch der Schwellerbleche. Das größte Problem daran war nämlich, dass es nirgendwo auf der Welt mehr Ersatz dafür gab. Irgendwie musste mir eine eigene Nachfertigung gelingen. Dazu schnitt ich sie am Fahrzeug quer auf und studierte ihren Aufbau aus vier Teilen. Nachdem ich Maße, Form und Lage notiert hatte, fertigte ich eine maßstabgetreue Zeichnung und beauftragte eine Metallbaufirma mit dem Schneiden und Biegen der von mir etwas stabiler konfektionierten Stahlbleche.

Endlich konnte ich die alten, rostigen Schwellerrudimente aus meinem gemütlich auf der Seite komatierenden Patienten heraussezieren. Meine Befürchtungen der dadurch instabil werdenden Karosseriekonstruktion bewahrheiteten sich allerdings glücklicherweise nicht. Die aufwendige Operation des Anpassens und Einsetzens der neuen Bleche benötigte eine enorme Zeit. Doch am Ende dieses Bauabschnitts war diese Flanke der Karosserie wieder in nahezu neuwertigem Rohbau–Zustand.

Kreatives Schweissen
Die folgende Nacht werde ich übrigens nie vergessen. Durch meine penible Feinarbeit und teilweise millimetergenau gesetzten Schweisspunkte- und nähte, hatte ich unzählige Male am Schweissschutzschirm (mit drei „s“) vorbeigeschielt. Damit hatte ich mir erstens ziemlich die Augen verblitzt und zweitens einen ordentlichen Sonnenbrand im Gesicht zugezogen. Na ja – der Wagen soll ja irgendwann mal wieder „sonnengelb“ werden… das passt dazu!

Auch die Flex-Arie beim Schweissgrate-Schrubben wird unvergessen bleiben. Die ganze Werkstatt lag anschließend unter einer grauen Metallstaubschicht, alles roch nach diesen seltsamen Flex-Scheiben und am Abend fand ich meine normale Haut- und Haarfarbe erst nach ausgiebigem Duschen wieder. Ich glaube, der aufgeschrubbelte Staub mindestens einer kompletten Flex-Scheibe ist damals durch den Abguss gespült.

K 70-typisch: unter das Windleitblech hatte man werksseitig eine Art Bauschaum gesprüht. Der Scheibenrahmen war aber selten dicht - Wasser drang ein und wurde vom Schaum aufgesogen, es blieb lange feucht... und rostete! Rechts gut zu sehen: der herausgetrennte Schweller und die daher freischwebende B-Säule
Dass ich mich an diesen Dreck und den Geruch von Flex-Scheiben gewöhnen musste war klar, wenn man bedenkt, dass dieses ja erst der Schweller EINER Fahrzeugseite war. Der Andere folgte mit genau der selben mir eigenen Akribie, diesmal aber etwas zielstrebiger, schneller – weil erfahrener. Allerdings auch wieder mit dem gleichen Staub und Geruch… diesmal achtete ich aber etwas mehr auf den „Sonnenschutz“. Ein erneuter Sonnenbrand um die Augen – und diesmal auch auf den Armen (?) blieb mir aber wieder nicht erspart.

Fußraum hinter dem Fahrersitz: konstruktionsbedingter Rost in Höhe der Hacken. Rechts der frisch eingeschweisste Schweller vom Innenraum her.
 

Das linke Radhaus vorn VOR der Bearbeitung

Das rechte Radhaus vorn NACH der Bearbeitung
Beim Einschweissen des Beifahrerschwellers hätte ich dann beinahe meine Garage noch abgefackelt. Obwohl im Beifahrerfußraum eigentlich alles „blank“ war, klebten auf dem Karosserieboden immernoch fusselige Reste der einstmals an dieser Stelle befindlichen Lärmdämmmatte (diesmal mit drei „m“). Irgendwann bemerkte ich dann, dass die Luft der Garage langsam stickig und warm wurde… und hell! Als ich die Schweissbrille abgenommen hatte, stand der Beifahrerfussraum lichterloh in Flammen! Ein Eimer Wasser hat dann schnell für eine Entspannung der Lage gesorgt.

Der total marode Querträger unter dem Kofferraum... den musste ich komplett neu rekonstruieren.
Ein sehr kreatives Theater war auch das Schweissen der vorderen Kotflügel. Dem schweisskundigen Fachmann ist bewusst, dass der Vorgang des Schweissens mit großer Hitze und daher auch einem sogenannten Hitzeverzug einher geht. Die einstmals zu Spiegelungen fähige, glatte Metalloberfläche verzieht sich dabei und ist nur sehr schwer zu bändigen. Es ploppt hier und blubbt da – den Lackierer, dem der Glanz und die Spiegelungen im Finish nachher Auskunft über die Qualität seiner Bemühungen geben, kann man damit prima zur Verzweiflung bringen.

Aber dazu kommen wir später. Zunächst müssen die Arbeiten am Body abgeschlossen werden – das gibt es im Teil 2 der “K 70-Werft”.

Sonntag, 21. November 2010

El Gigantes Fotokiste

... was soll schon kommen...
Aufmerksamen Lesern ist sicherlich längst aufgefallen, dass ich vor schon sehr langer Zeit angefangen habe, experimentell zu fotografieren. Dabei haben mir häufig Gegenstände auf Rädern Modell gestanden.

Ich möchte die Möglichkeit nutzen, einige meiner Werke vorzustellen.

Viel Spaß beim Betrachten meiner Fotos.

Geschichte eines Bullitypen - Teil 3

Alles ist anders – alles wird anders! Bitteres Ende einer Ära


 
1992: Wir sind im „Internationalen Jahr des Weltraums“ in dem Bill Clinton zum 42. Präsidenten der USA gewählt wird, das Großraumflugzeug Airbus A330 zu seinem Erstflug startet und der „Franz-Josef-Strauß-Flughafen München“ im Erdinger Moos in Betrieb genommen wird. 
In Palermo stirbt der italienische Richter Paolo Borsellino, ein engagierter Kämpfer gegen die Mafia, bei der Explosion einer Autobombe. In Hamburg wird die Hip-Hop-Gruppe „Fettes Brot“ gegründet. Im Londoner Wembley-Stadion findet das „Freddie Mercury Tribute Concert for Aids Awareness“ statt. 
Der veröffentlichte Bildband „SEX“ der Künstlerin Madonna löst einen beabsichtigten Skandal aus, was die Verkaufszahlen antreibt. Marlene Dietrich, deutsch-US-amerikanische Schauspielerin und Sängerin stirbt am 6. Mai, auch vom deutschen Politiker und ehemaligen Bundespräsidenten Karl Carstens nehmen wir am 30. Mai Abschied. Am 8. Oktober nimmt auch Alt-Bundeskanzler Willy Brandt seinen Hut, für immer.
Der VW Golf III ist Auto des Jahres. Die italienische Automarke Alfa Romeo stellt ihre neue Modellreihe Typ 155, eine viertürige Mittelklasse-Limousine mit quer eingebauten Vierzylinder- Frontmotoren mit 129 PS und 144 PS – außerdem einer „fette“ Sechszylinder-Variante mit 165 PS vor.

Donnerstag, 18. November 2010

Geschichte eines Bullitypen - Teil 2

Endlich wieder Bulli fahren – T3 zu mir!


1989: Der Öltanker “Exxon Valdez” läuft vor Alaska auf ein Riff und verliert 40.000 Tonnen Öl, die erste Loveparade findet in Berlin statt. Die Bürger der DDR fangen bei Montagsdemonstrationen in Leipzig kollektiv an, um ihre Freiheit zu kämpfen, was letztlich noch im gleichen Jahr zum Fall der Mauer und der Wiedervereinigung führt. Tom und Bill Kaulitz werden in Leipzig geboren und der deutsche Privatsender ProSieben beginnt den Sendebetrieb. Der spanische Maler, Grafiker, Schriftsteller, Bildhauer und Bühnenbildner Salvador Dalí, eigentlich Salvador Felipe Jacinto Dalí i Domènech, Marqués de Púbol, stirbt am 23. Januar in Katalonien mit 85 Jahren.

Der Fiat Tipo ist Auto des Jahres 1989. Audi arbeitet an seiner Oberklasse, dem absoluten Spitzenmodell Audi 200 Quattro 20 V, das durch einen Turbo-Fünfzylinder-Motoren angetriebene „Geschoss“ mit 220 PS erreicht eine Geschwindigkeit von über 240 km/h. Anlässlich des 80. Geburtstages seines Gründers Ferdinand (Ferry) Porsche bietet der Sportwagenhersteller den legendären 911 Carrera mit manueller oder automatischer Schaltmöglichkeit, der Tiptronic, an. Auf der IAA in Frankfurt stellt Opel seinen neuen Calibra vor. Eher solide zeigt sich dagegen der Vectra – der sich allerdings mit einem cW-Wert von 0,29 wirklich sehen lassen kann. Bei Nissan feiert der neue Sportwagen 300 ZX mit über 280 PS und einem super sportlichen Aussehen Premiere.

Ich studiere mittlerweile im sechsten Semester - leider erfolglos - Sozialpädagogik im nahen Vechta, jobbe bis zu wöchentlich vier Mal als DJ in einer Discothek, bin seit einem Jahr verheiratet und werde im Dezember Vater meines ersten Kindes, einem kleinen blonden Mädchen namens Sandra.

Wurde eben noch die altersgemäße Eigenständigkeit durch sicherlich gut gemeinte elterliche Reglementierungen eingeschränkt, steht jetzt der krasse Gegensatz auf dem Programm: eine eigene Familie verpflichtet zum vollen Einsatz. Zur Wahrung der eigenen Mobilität benötigen wir Plattland-Bewohner ein eigenes Auto. Wie gut, dass man aus acht Jahren T2-Erfahrung schöpfen kann. Auch wenn das damals geliebte rot-silberne Schmuckkästchen nicht mehr „zur Familie“ gehört – andere Mütter haben auch hübsche Töchter. Und warum nicht ein weiteres Mal versuchen, was schon einmal geklappt hat? Für ein nagelneues Fahrzeug fehlen die nötigen finanziellen Mittel, also wird auf das bereits bewährte System zurückgegriffen: aus ALT mach’ NEU.

Ein VW-Händler im südoldenburgischen Nachbarstädtchen versteckt sein kaum noch verkaufbares Gelumpe gern hinter der Halle seiner Werkstatt. Um ihm beim Säubern dieses Schandflecks ein wenig unter die Arme zu greifen, stelle ich mich grinsend vor den mit Neuwagenprospekten beladenen Verkaufstresen und erwarte eine Antwort auf die an den lustlos heranschlendernden Autoverkäufer gestellte Frage „… was soll der denn kosten?“ und deute mit dem Daumen über die Schulter auf den weißen VW-T3 Transporter mit Rundumverlasung, der unscharf durch das Riffelglas der Hallenfenster zu erkennen ist. 

Der rotgesichtige Fettie mit schmierigem Schlipps und Anzug mustert mich kurz durch seine zu schmalen Schlitzen zusammengekniffenen Schweineäuglein und wirft mir dann einfach nur „Zweifünf“ zu. Ohne seinen schier endlosen Redeschwall unterbrechen zu wollen, tue ich gleich meinen pauschalen Zweifel an der wahrscheinlich einwandfreien Laufkultur des Motors kund. 

Fettie schnaubt hörbar, greift sich einen Fahrzeugschlüssel und bittet mich grunzend, ihm zum Fahrzeug zu folgen. Das will ich ja bloß! Am Transporter angekommen, kann ich erste Blicke auf den allgemeinen Zustand werfen. Beulen hier, Schrammen da, die Ladefläche gleicht einer - wenigstens geleerten - Mülltonne. Automobile Eckdaten wie Motorisierung und Kilometerleistung bekomme ich wieder in bekannt knapper Form mitgeteilt: „50 PS, Kilometerstand steht doch auf’m Tacho“. So langsam geht mir der Typ auch auf den Tacho. Ich ziehe die Augenbrauen hoch und verfalle in augenblickliches Schweigen. Und siehe da: Reden ist Silber, Schweigen ist Gold. Dieser spontane Einfall zahlt sich in barer Münze aus. „Okay, Zweieins, dann nimmst du ihn aber gleich mit?“ Welche Frage… noch am selben Abend fahre ich wieder VW-Bus.


Der Neue Alte – diesmal ein T3 Baujahr 1981

Schon auf dem Heimweg überkommt mich wieder jenes unglaubliche aber altbekannte Gefühl. Dieser umbaute Raum auf Rädern, befeuert von fünfzig luftgekühlten Pferden aus 1,6 Litern Hubraum soll also zukünftig das automobile Zuhause meiner kleinen Familie sein. Schon jetzt bilde ich mir ein, die vielen Kilometer spüren zu können, die wir in Urlaubszeiten demnächst zurücklegen werden, oder ich rieche schon die auf unserem kleinen Propangasbrenner erwärmten Ravioli, die wir dann gemütlich nach dem Baden im Auto essen werden, mit Blick auf einen zauberhaften Sonnenuntergang am Meer.


Endlich wieder ein Bulli im Haus!
Doch vor diese Genüsse hat der Herrgott mal wieder den Schweiss gesetzt. Ich nehme mir vor, das Fahrzeug erstmal auf Familienkurs zu bringen. Dazu bedarf es vor Allem einer ausgiebigen Reinigung. Zur Schalldämmung wird das komplette Fahrzeug innen mit einem hellgrauen Teppich beklebt, was selbst diesem bekanntermaßen lauten Luftboxer angenehm leise Tönen beibringt. Vor die Fenster kommen schwarze Gardinen. Außerdem entwickele ich eine Sitzbank mit drei Beckengurten, eher eine stabile Sitzkiste mit anschraubbaren Rückenlehnen. Einerseits gedacht, um in der Kiste das übliche Gerödel unterzubringen, im Urlaub ist aber auch Platz für alle möglichen Untensilien nötig, was die Familie halt so braucht… Windeln, Klamotten, Babynahrung etc. Zum Anderen dienen die Rückenlehnen zur Schaffung einer funktionsfähigen, ebenen Liegefläche für einen Zweimeterundfünf-Riesen wie mich. Auch an einen Kühlschrank habe ich gedacht, sogar an ein kleines Waschbecken mit Duschschlauch, Duschen kann man natürlich nur draußen, und selbst ein 30-Liter-Frischwasserkanister findet Platz. Hinten, über dem Motorraum, quer unter das Dach, baue ich eine Art Hängeschrank. Der Boden erhält eine dicke MDF-Platte mit strapazierfähiger Kunststoffbeschichtung.

DAS hatte kein anderer Transporter… meine Spezialleuchten
Die rostigen Stellen der Außenhaut des Busses schleife ich blank und pinsele sie weiß. Derzeit präsentiert VW gerade den Multivan Blue Star. Ihn ziert ein Grill mit rechteckigen Doppelscheinwerfern. Dieser steht auch meinem Bus außerordentlich gut zu Gesicht. Später ergänze ich diesen Look sogar mit dem kleinen, dezenten Kunststoffspoiler unter der Frontstoßstange. Ein Sonnenschiebedach ist sowieso obligatorisch. Als auffälliges Extra für das Heck besorge ich mir vom Schrott zwei weitere Rückleuchten, die ich mithilfe eines heißen Lötkolbens bearbeite. Am Ende besteht „meine Spezialrückleuchte“ eigentlich aus jeweils zwei aneinander geschweissten Original-Rückleuchten. Dieses breite Rückleuchtenband gibt meinem Bus ein exklusives Aussehen und ich sehe keinen anderen Bus mit solchen Rückleuchten. Später bekommt diese Konstruktion sogar noch kleine, natürlich funktionierende, Sofitenleuchten, die nichtmal der TÜV moniert.


Wer gut pflegt, der gut fährt… auch im Urlaub
Im Sommer 1989 werde ich von italienischen Stammgästen der Discothek, in der ich regelmäßig als DJ auflege, zum Urlaub eingeladen. Da ich festgestellt habe, dass diese Italiener fleißiger tanzen als die Einheimischen, läuft in meiner Disco logischerweise häufig italienische Musik – zur Freude der Italiener. Diese Freude macht sich nun durch eine Einladung, die ich aus einer spontanen Laune heraus ohne Nachdenken annehme, bezahlt. Erst hinterher erkundige ich Italienkundiger mich nach ihrem Ort, wohin die freundlichen Amici mich eingeladen haben. Ich bekomme freudestrahlend „Menfi“ zu hören und muss zunächst an Memphis in Amerika denken. Bis man mich dann aufklärt und ich begreife, dass ich demnächst dann wohl nach Sizilien unterwegs sein werde. Beim Blick auf die Landkarte wird mir mulmig. Die Strecke addiert sich zu gut 2.500 Kilometern – nur eine Strecke! Der Bus hat eine maximale Reise- und Höchstgeschwindigkeit von 110 km/h…

Der Bus im Hafen von Messina

Entgegen aller Befürchtungen wird die erste Begegnung mit Sizilien ein absolut genialer Urlaub. Diese Insel mit ihren Menschen hat sich seitdem tief in mir verankert, hat sich zu einer „everlasting Love“ entwickelt. Und der VW-Bus hat das alles klaglos mitgemacht.

Mit dem Bulli in die Kirche? Makaber: vor 40 Jahren hat ein heftiges Erdbeben diese Kirche zerstört


Hochburg der Mafia? Mit dem VW-Bus in Palermo
Ich erinnere mich gern an eine lustige, leider nicht im Bild festgehaltene Geschichte, die mir nach dem Anblick der auf Sizilien wild am Straßenrand wachsenden Zwergpalmen passiert. Mir kommt in den Sinn, eine dieser kleinen Pflänzchen als Andenken mitzunehmen. Schließlich gedeiht so etwas ja auch auf dem heimischen Fensterbrett. Also nehme ich meinen Klappspaten aus dem Auto und sehe schon den sehr steinigen Boden um die Wurzeln meines Opfers. Also hole ich aus und lasse den Spaten in den Boden knallen… den dieser um nicht einen Zentimeter hereinlässt. Auch ein fahriges Graben mit den bloßen Händen ist absolut aussichtslos. Als ich nun überlege, wie ich diesem kleinen pflanzlichen Biest nun zu Leibe rücken kann, fällt mein Blick auf meinen Bus! Entschieden hole ich mein Abschleppseil und wringe es um den widerspenstigen Pflanzenzwerg und um Bulli’s Anhängerkupplung. Nun will ich die kleine Palme ja nicht gleich killen – mein Auto steht etwas abschüssig, ich starte den Motor also daher erstmal nicht, trete nur die Kupplung und will nur die Hangabtriebskraft zum Herausrupfen des Pflänzchens nutzen. Mit einem dumpfen aber deutlichen „Sproiiiing“ spannt sich das Seil… und die 1.600 Kilo des Wagens hängen am immernoch fest im Boden verankerten Grün. Mit einem grantigen „das gibt’s doch nicht“ lasse ich den Motor an, setzte etwas zurück und wiederhole den Vorgang, dieses Mal halt mit sanfter Motorunterstützung: NICHTS! Nnnnggggrrrrrrr…. und nochmal entschlossen zurück – jetzt aber mit Karacho, der Motor heult auf… „FUMP“… eine Millisekunde Ruhe, dann prasseln Dreck und Steine über das Dach meines Autos… tumb baumelt plötzlich das Abschleppseil VOR der Windschutzscheibe. Als ich aussteige um zu sehen, was geschehen ist, muss ich laut lachen. Die kleine Palme hat sich kurz entschlossen ihrer Wurzeln entledigt und ist per Raketenstart dem Seil folgend von hinten über das Auto bis einige Meter davor geflogen. Demzufolge gibt es bis heute keine einzige dieser Palmen auf meinen Fensterbänken.


Ganzlackierung eines VW-Busses... eine Schweinearbeit!

Ein Jahr später bietet mir Lackierer Ralf dreißig Liter „Volvo-Graphitmetallic“ an – GRATIS! – er arbeitet in einer Firma, die im großen Stil Spoiler für Volvo lackiert. Überlagerte Ware wird dort an die Mitarbeiter verschenkt oder entsorgt, was aber natürlich die teurere Variante wäre. Erfreut nehme ich das Angebot an, was zudem von ihm auch noch in Richtung Ganzlackierung für den Bus erweitert wird.

Schick in Schale… oder besser:
VW Bus in “graphitmetallic” von Volvo

Einige Wochen später wird das Fahrzeug also gestrippt, aufwändig entrostet, gesandstrahlt und in „Volvo-Graphitmetallic“ gehüllt. Nach der fertiggestellten Lackierung erstehe ich noch einen Satz „ATIWE“-Felgen, damals die einzigen Alus für den VW T3. Außerdem statte ich das Fahrzeug hinten mit Schiebescheiben und getönter Verglasung aus. Jetzt besitzen wir einen Luxusbus.

Im folgenden Jahr besuchen wir Sizilien zu Ostern. Auch dieser Urlaub gefällt durch die Anwesenheit des Busses – schlafen und wohnen wir doch darin. Ein weiterer Urlaub führt uns auf einen Campingplatz an den Gardasee. Auch hier leistet der T3 beste Dienste.



Wenn wir “Pritsche” fahren… dann Vespa Ape


El Gigante mit dem Bus auf Sizilien


Schicke Location, Bus am Set in Porto Palo bei Menfi/Sizilien


Auch auf Sizilien: es findet sich überall eine Stelle zum Schlafen


Lass’ qualmen, Etna! Bus und Tochter vor Vulkan

Leider hat unser T3 jedoch einen kleinen Nachteil: er nippt nicht am Benzin, wie damals der T2, er genehmigt sich fast das Doppelte, nämlich bis zu 14 Liter. Für unsere Urlaube im fernen Sizilien hätten wir es zudem gern etwas schneller und eben etwas verbrauchsgünstiger. Außerdem liebäugele ich mit einer Klimaanlage, die es aber für einen 50 PS-Luftboxer logischerweise nicht gibt.


Bus-Camping mit Klein-Zanny


Ein Bild von einem VW-T3, oder?

Mittlerweile läuft meine Selbstständigkeit als Discjockey sehr gut, auch der vorübergehende Job als Fahrer einer Bremer Spedition lässt Bares sprudeln. So lasse ich im Dezember 1991 den Verkäufer eines Autohauses zu uns nach Hause kommen und bestelle einen nagelneuen VW T4 Caravelle GL. Als ich den darüber freudig erregten Verkäufer frage, welche Vergünstigungen er mir im Falle einer Barzahlung machen kann, verfinstert sich jedoch seine gute Laune schlagartig. Finanziell entgegenkommen könne er mir nicht, behauptet er. Eher fragt er mich erwartungsvoll ängstlich, was ich denn mit meinem T3 machen möchte. Ich grinse nur und biete ihm das Fahrzeug zur Verrechnung an.

Damit hat er auch ganz sicher gerechnet – nicht aber mit meinem Preis: 10.000,- DM möchte ich dafür verrechnet haben… und kann ihm auch nicht weiter entgegenkommen. Ich lasse ihm eine Woche Bedenkzeit. Es gibt für ihn natürlich nur eine Antwort… und die ist klar: "Okay, das machen wir!“ Ein paar Tage später ruft er dann an und bietet zähneknirschend 9.250,- DM. Ich sage zu, erkläre ihm aber gleichzeitig, dass in diesem Fall meine ATIWE-Alu-Felgen durch Stahlfelgen ausgetauscht werden – womit er sich einverstanden erklärt. Der Deal ist also perfekt. Für diese Felgen bekomme ich übrigens später 800,- DM.

Am 1. April 1992 nehmen wir unseren Caravelle GL im VW-Werk Hannover in Empfang… mehr darüber… hier!



Layout überarbeitet am 11. Januar 2021

Mittwoch, 17. November 2010

Geschichte eines Bullitypen - Teil 1

(M)ein erstes Nutzfahrzeug

 
1981: Ronald Reagan wurde als 40. Präsident der USA in sein Amt eingeführt, der US-amerikanische Rock ‘n’ Roll-Star Bill Haley starb im Alter von 53 Jahren in Harlington/Texas, die amerikanische, wiederverwendbare Raumfähre Columbia startete zu ihrem ersten Weltraumflug als Space Shuttle, ein durch Sonnenkraft angetriebenes Leichtflugzeug überflog ebenso erstmalig von Paris aus den Ärmelkanal und der britische Thronfolger Prinz Charles und Lady Diana Spencer heirateten in der Londoner St. Pauls Cathedral.

„Der Spiegel“ titelte: "Saurer Regen über Deutschland – Der Wald stirbt“, Normalbenzin kostete 1,40 DM, Super 1,43 DM und Diesel 1,30 DM. Mercedes präsentierte seinen Airbag für einen Aufpreis von knapp 1.500 D-Mark, VW konterte übrigens mit gepolsterten Lenkrädern(!), BMW brachte die zweite Generation des 5ers heraus und der VW Polo zeigte sich in der zweiten Generation mit noch mehr Platz für die Fahrgäste und für das Gepäck, anfangs übrigens nur als Steilheck-Variante.

Auch der VW Scirocco ging in die zweite Generation, Ford präsentierte auf der IAA in Frankfurt den Fiesta XR2 – mit immerhin 84 PS und Audi veröffentlichte die neuen Modelle des Audi 80. Coca-Cola’s Werbespruch des Jahres 1981 lautete “Zeit für Coca-Cola”.

Mittwoch, 6. Oktober 2010

Bonsai-Audi

Liebeserklärung an (m)ein automobiles Aschenputtel

... den hab' ich gern gefahren! Nach zehn Jahren und
370.000 Kilometern schickte ich ihn
in den Ruhestand - AUDI 80 (B4)
August 2003. Ich hatte beschlossen, dass meine Zeit im Außendienst ein für alle Mal zu Ende war. Dementsprechend wurde es für meinen betagten Audi 80 (B4) nach nunmehr zehn Jahren und 370.000 Kilometern auf der Uhr, Zeit für den wohlverdienten Ruhestand. Meine kurz zuvor beendete Ausbildung zum Internetentwickler und die nun anstehende Selbstständigkeit ließen mich über ein kleineres Fahrzeug nachdenken. Meistens war ich eh allein im Auto unterwegs, also änderten sich die Anforderungen an einen Wagen.

Dienstag, 5. Oktober 2010

Gimme Moor(e) oder: Audis versenken

Störung der Mobilität?
 
 Selten stößt der gemeine Autofahrer (Homo automobilis) an die Grenzen seiner kostbaren Mobilität und noch seltener überschreitet er diese sogar. Wissenschaftlich ausgedrückt: abhängig vom Einsatzgebiet der motorisierten Mobilitätshilfe bieten sich unterschiedliche Störungen der Fortbewegung an. Spontan fällt mir da der Stau, die Panne oder eine plötzliche Dürreperiode im Tank, schlimmstenfalls leider auch ein Unfall ein.

Freitag, 1. Oktober 2010

El Gigantes kantiger K 70 Kult

Ist der K 70 gesund, freut sich der Mensch
Meine ersten Erfahrungen am Steuer eines Automobils machte ich auf Feldwegen im Moor am Volant des VW K 70 meines Vaters (siehe “Irgendwann fängt alles einmal an”). Auch die ausgedehnten Deutschland-, Österreich- und Italientouren gemeinsam mit meinen Eltern, der Großmutter und den beiden Schwestern führten schließlich dazu, dass ich mich mit diesem Auto infizierte und identifizierte. Irgendwann kam jedoch, wie es im Leben eines Autos immer kommen kann: der betagte Familienwagen wurde zugunsten eines neueren, anderen Fahrzeugs ausgemustert und verkauft.

Mittwoch, 29. September 2010

Hurra, wir verblöden!

Wasserlache – der lachende Fahrer fährt durch die Pfütze
Es gibt Berufe, in denen erhält man Einblicke in den menschlichen Kopf. Nein, ich meine weder Röntgenassistenten noch Chirurgen. Ich spreche davon, dass man bei der Ausübung seines Berufes zwangsläufig mitbekommt, wie ein Anderer tickt – oder eben nicht.

Auch mein Beruf, der des Fahrlehrers, gehört zweifelsohne dazu. Dazu ein paar Beispiele.

Beim Üben der Prüfungsbögen fiel einem Gymnasiasten ein Wort auf, mit dem er so rein gar nichts anfangen konnte. Peinlicherweise fragte er laut im Unterricht, was denn „Wasserlachen“ sei. Wer hätte es gewusst?

Verkehrsspitzenallee
In ähnlicher Situation fiel einem anderen Fahrschüler beim besten Willen keine sinngebende Bedeutung für „Alleen“ ein. Selbst die knappe Erklärung „Baumreihen“ der Mitschüler bereitete Schwierigkeiten. 

Als ich im Unterricht mal das durchaus gängige Wort „Verkehrsspitzen“ benutzte und zufällig in die Runde der Lernbegierigen schaute, blickte ich prompt in fragende Gesichter, musste allerdings auch nicht lange warten: „Was sind denn Verkehrsspitzen?“ Unweigerlich sprach ich aus, was mir spontan auf der Zunge lag: „Hast du dieses Wort noch nie in den Nachrichten im Fernsehen oder Radio gehört?“
Im gleichen Moment wusste ich, welch sinnlose Frage ich da einem modernen, jungen und aufgeschlossenen Menschen gestellt hatte – und auch seine Antwort hätte ich mir eigentlich schon denken können: „Ich gucke keine Nachrichten!“ Erstaunt fragte ich also weiter: „Ja, was guckst du denn?“ Und auch die Antwort darauf hätte ich ahnen können: „Tja, MTV und Viva! Normal, oder?"

Volle Pulle für Scheibenwaschwasser
Selbst im praktischen Unterricht, also am und im Auto, ist man vor fehlendem Allgemeinwissen nicht sicherer. Da wollte mir ein junger Mann nach dem Einschalten der Scheinwerfer im tiefen Brustton der vollen Überzeugung einreden, er hätte das (aufmerksam lesen!) Abendlicht eingeschaltet. Trotz mehrmaligen Nachfragens meinerseits bestand er auf diese Bezeichnung und konnte meine Fassung des Wortes „Abblendlicht“ kaum fassen.

Als ein Prüfer schließlich mal wissen wollte, was denn passiert, wenn man zuviel Flüssigkeit in den Behälter der Scheibenwaschanlage füllt, brachen einer Führerscheinanwärterin zunächst der kalte Schweiß und dann die Tränen aus. Erschüttert von der brachialen Wirkung seiner eigenen Autorität beantwortete der Prüfer die Frage schließlich selbst: „Dann läuft er über".

Hat seine Fahrschüler gern
An dieser Stelle fragt man sich doch zwangsläufig: Wie sieht es aus mit unserer so häufig gelobten Intelligenz? Sind die Menschen nun bereits doch schon an die Grenzen ihrer geistigen Leistungsfähigkeit gestoßen? Sollten wir, um mal beim Autofahren zu bleiben, dem ewigen Trend folgen und unsere Fahrzeuge tatsächlicher noch stärker, noch schneller, noch leistungsfähiger machen? Verblöden viele junge Menschen vor der Glotze, ohne jemals zwischen Baumreihen in Pfützen gespielt zu haben und ohne jemals wirklich erfahren zu haben, dass ein Gefäß überläuft, wenn man es mehr als voll macht. Ist es eigentlich einem Fahrlehrer gestattet, solche Fragen zu stellen?

Fahrlehrers Steckenpferd: Einparken
Der Gerechtigkeit halber muss ich übrigens auch von reichlich jungen Menschen berichten, die ihr Herz und auch das Hirn am rechten Fleck tragen.

Da gab es zum Beispiel mal ein unscheinbares kleines Mädchen, das sich im Laufe ihrer Ausbildung zur Autofahrerin zu einer wahren Koryphäe entwickelte. Als ich ihr dann kurz vor der Prüfung die Technik unter der Motorhaube erklären wollte, verordnete sie mir quasi eine minutenlange Redepause. SIE erklärte MIR! Und zwar so perfekt, dass ich nicht eine Kleinigkeit anfügen musste.
Oder der junge Mann mit kurdischem Emigrationshintergrund: fachlich versiert erklärte er dem Prüfer in perfektem Deutsch, was dieser wissen wollte.

In der Prüfung brillierte er förmlich und eckte nur an, weil er zum guten Schluss allzu lässig beim Rückwärtseinparken den rechten Arm um die Beifahrerkopfstütze legte und EINHÄNDIG im "Tellerwäschermodus" aber in einem Zug und atemberaubender Geschwindigkeit das Fahrzeug perfekt in die Parklücke dirigierte. Prüfer: “Respekt, aber hättest du DAS am Anfang der Prüfung gemacht, wären wir gar nicht so weit gekommen!”

Glück ist Geschick, Tirili! (Zitat Otto Walkes)

Irgendwann fängt alles einmal an

 Ein Rückblick


Der Beginn meiner Mobilität
In manchen Dingen war ich ein sogenannter Spätzünder. Mit neunzehn Jahren kreuzte ich jedenfalls noch Tag für Tag mit meinem Fahrrad durch die norddeutsche Tiefebene und verlor kaum Gedanken an einen motorisierten fahrbaren Untersatz. Ich hatte ja nicht mal einen Führerschein.