♫♪♪♫♪ Gib mir mein Herz zurück... ♫♪♪♫♪![]() |
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Fünfundzwanzig Monate war SICILIANO notgedrungen mit einem 1,6 Liter 75 PS-Motor ausgestattet.
Notgedrungen? Ja, damals - im April 2023 - wollte ich den restaurierten Wagen zwecks Oldtimer-Gutachten einem Ingenieur vorstellen. Bereits ein Jahr zuvor attestierte Freund und Fachmann Peter Rodenberg dem Motor zumindest einen durchaus vernünftigen Lauf und Klang. |
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Allerdings konnte der dazu nötige Testlauf leider lediglich im Stand stattfinden. |
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So ist es halt, wenn man ein durchaus seltenes, altes Auto fährt. Ich mutmaße mal, dass sich der Club sehr bald Gedanken über die Nachfertigung von Pleuellagerschalen machen sollte. Denn die Fahrzeuge aller Clubmitglieder kommen alle allmählich in ein Alter, in dem sich ziemlich wahrscheinlich solche Verschleißschäden häufen werden. Wo bekam ich nun aber die Lagerschalen? Durch Zufall erfuhr Markus Retz vom K 70 Kompetenzzentrum von einem Autoteilehändler in Bari an der süditalienischen Adriaküste, der noch die begehrten Lagerschalen vorrätig hat. Einen Satz bestellte ich mir - für unter 100,- EUR. Keine zwei Wochen später traf die Lieferung ein. Witzig: nun bekommt der aus Salzgitter/Niedersachsen stammende SICILIANO also Lagerschalen aus Süditalien. Mittlerweile ergibt sich übrigens erweiterter Bedarf am originalen 90 PS-Motor: wir haben unseren Fuhrpark im letzten Jahr um einen kleinen, kaum 750 Kilo leichten KIP Wohnwagen erweitert. Ich bin mir sehr sicher, dass dieser Wohnwagen sich besser mit 90 PS als mit 75 PS ziehen lässt. |
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Wir haben vor, mit SICILIANO & KIP zum diesjährigen K 70-Pfingsttreffen ins Dreiländereck Deutschland/Frankreich/Schweiz zu reisen. Bis dahin sollten jedoch die Motorrevision, der Motorwechsel und diverse Probefahrten möglichst erfolgreich durchgeführt worden sein. Die Motorrevision Zwei Wochen nach Ostern geht es zur Sache: wir wollen SICILIANO mitsamt der originalen 90 PS-Maschine (im Kofferraum) ins K 70 Kompetenzzentrum Westerwald trailern. Ich habe zuvor besagten neuen Pleuellagersatz, einen neuen Thermostaten (Öffnungstemperatur 71°C wg. zukünftigem Wohnwagenbetrieb), eine professionell aufgearbeitete Wasserpumpe, einen kompletten Motordichtsatz, neue Zündkerzen sowie frisches Motoröl und Kühlwasser organisiert. Anlasser, Zylinderkopf, Ölwanne, Vergaser, Wasserpumpe, Wasserpumpengehäuse, Benzinpumpe und Auspuffkrümmer mussten natürlich ihren angestammten Platz an der 75 PS-Maschine verlassen. Nach dem Motto „wenn schon, denn schon“ werden insbesondere die Ventilschaftdichtungen, natürlich die Zylinderkopfdichtung, die Ölwannendichtung und sämtliche Dichtungen am Wasserpumpengehäuse erneuert. Bevor die neuen Pleuellager verbaut werden, muss zunächst die Kurbelwelle durchgemessen und auf Verschleiß geprüft werden. |
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In der Nacht vor der Reise wird Olivia leider krank - also bin ich bereits vor sieben Uhr allein auf Achse. Über fünf Stunden später lade ich den silbernen K 70 vorm K 70 Kompetenzzentrum Westerwald ab und bin sofort unmittelbar im Geschehen. Der 90 PS-Motor muss aus dem Kofferraum gehoben werden. Da ein professioneller Werkstattkran gerade anderweitig unterwegs ist, habe ich wohlweißlich einen massiven Holzbalken mitgebracht, der eventuell oben quer auf den Säulen der Hebebühne liegend meinem ebenfalls mitgebrachten Kettenzug als Haltevorrichtung dienen könnte. Peter hat jedoch einen anderen, altersschwachen Werkstattkran im Portfolio, dessen Hydraulikzylinder jedoch (Ironie on) optimalerweise (Ironie off) stetig nachlässt - wir müssen bei seinem Einsatz also möglichst schnell arbeiten. Also: Motor raus aus dem Kofferraum und alle mitgebrachten Teile, die zur Motorrevision gebraucht werden, ausladen. Da jedoch die vor Ort vorhandenen K 70-Motormontagehalter beide "besetzt" sind, stellen wir den "neuen" Motorblock einfach auf einen massiven Werkzeugwagen. So befindet er sich zum Arbeiten wenigstens in einer einigermaßen erträglichen Höhe. So können wir "alten Männer" zeitweise auf Stühlen vor dem Patienten Platz nehmen. Das Alter fordert sein Tribut - genau das werden wir nach diesem Wochenende auch deutlich zu spüren bekommen.
Als Nächstes lösen wir den Zylinderkopf vom Motorblock. Sogleich können wir einen Blick ins Innere der Verbrennungsräume des Motors werfen. Die sizilianische Zeit hat giddelige Spuren hinterlassen. In den Kühlwasserkanälen ist (normal) Rost zu sehen. An engen Stellen haben Kühlmittelrückstände die Kanäle komplett zugesetzt. Die Zylinderkopfdichtung ist sogar an einer Stelle durchgebrannt. Es ist verwunderlich, wie der Motor vor zwei Jahren überhaupt noch laufen konnte, ohne dass man speziell dieses Problem bemerkt oder gehört hätte.
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Wir drehen den Motor jedoch erstmal komplett herum, sodass wir praktisch von unten an die "Eingeweide" gelangen. Sehr gut ist nun die Kurbelwelle zu erkennen. Die überall vorhandenen braunen Öl-Rückstände sind auch hier die Spuren der Zeit. Peter löst die Lager, mit der die Kurbelwelle am Motorblock verbunden sind. Bereits beim Blick auf das erste Lager stellt er fest, dass dieses Lager "im Eimer" ist. Es folgen weitere solcher Diagnosen - ebenso fällt das Urteil bei den Pleuellagern aus. Wenigstens die Untersuchung der Kurbelwelle ergibt glücklicherweise: "gebraucht aber fit!" An dieser Stelle trifft Meister Peter eine folgenschwere Entscheidung: als ob ich's geahnt hätte, hatte ich zuhause am Morgen noch drei Minuten vor der Abfahrt eben die nagelneue Kurbelwelle samt allen Lagern, die ich eigentlich für meinen gelben LS vorgesehen hatte, eingeladen. Weil er weiß, dass ich diese Teile dabei habe, besteht Peter nun darauf, sie in SICILIANO's Motor einzubauen - sonst würde er die Revision an dieser Stelle beenden. Notgedrungen muss ich diesem Vorhaben also zustimmen... damit verschwimmt der Blick auf die Zukunft meines gelben LS also vor meinen Augen. |
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Ich reinige Motorblock und Zylinderkopf mit einer rotierenden Stahlbürste von allen Dichtungsresten, denn alle Dichtungen werden durch neues Material ersetzt. Wir heben die gefühlt mindestens 50 Kilo schwere Kurbelwelle zusammen an ihren gesäuberten Bestimmungsort und lagern sie ordnungsgemäß im Motorblock. Ordnungsgemäß bedeutet dabei, dass alle Lagerschalen und Lager in der ursprünglichen Reihenfolge und -richtung eingebaut werden und das sie mit reichlich Öl benetzt werden. Zum Schluss wird geprüft, ob die Kurbelwelle sich leicht drehen lässt. Die Ölwanne samt Dichtung verschließt den Motor unten wieder. Auf der Oberseite wird die Zylinderkopfdichtung aufgelegt und der Zylinderkopf vorsichtig aufgesetzt. Die Nockenwelle muss durch die Öffnung im Kettenkasten gesteckt werden. Kette und Kettenspanner (eine widerlich Fummelarbeit!) müssen wieder eingebaut verbunden werden. Die Zylinderkopfschrauben müssen in streng festgelegter Reihenfolge und bestimmten Maßen angezogen werden.
Damit ist Teil 1 des Plans, die Revision und der Zusammenbau des "neuen" Motors, grundlegend abgeschlossen. Es ist mittlerweile Abend, wir schließen die Werkstatt und fahren nach Hause. Beim Abendbrot fällt mir auf, dass ich den ganzen Tag so konzentriert gearbeitet habe, dass ich außer reichlich Flüssigkeit nichts weiter zu mir genommen habe. Dennoch hält sich Hunger und Appetit in Grenzen - ich glaube es liegt daran, das ich einfach komplett ausgelaugt und müde bin. Daher gibt es mit dem Einschlafen keinerlei Probleme. Am nächsten Morgen erfahre ich von Peter, dass es ihm genauso ging. Dennoch brechen wir bald wieder zum K 70 Kompetenzzentrum nach Hillscheid auf. Heute soll die eigentliche Herzverpflanzung stattfinden. Der 75 PS-Motor muss seinen Platz räumen und der einstmals originale 90 PS-Motor kommt wieder an seine Stelle.
Auspuffkrümmer, Getriebe und Achsantrieb müssen noch gelöst werden. Unter den Achsantrieb wird eine spezielle Halterung montiert, die sein Absinken beim Lösen der Motors verhindern soll. Wenn ich Peter richtig verstanden habe, wird diese Aufhängung wohl lediglich beim K 70 benötigt und ist Vielen daher gar nicht bekannt. |
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Ebenso der "Schweinehaken", eine Vorrichtung, die an den zwei Ösen oben am Zylinderkopf zum Anheben des Motors dient. Damit heben wir den "alten" Motor heraus - und den "neuen" Motor wieder hinein. Die exakte Positionierung des Motors auf dem Achsantrieb und seine anschließende Verschraubung durch beidseits jeweils vier Schrauben und einer Paßschraube ist wieder eine fummelige Sache, die in unserem Fall durch ein unpassendes Ölblech vorne unter der Ölwanne extrem zeit- und kraftaufwendig erschwert wird. Aber am Ende ist dann doch alles an seinem Platz. Ich montiere das kleine Blech über der vorderen rechten Bremsscheibe, den Öldruckschalter und den Abgaskrümmer und schließlich auch den Vorschalldämpfer und somit den Rest der Auspuffanlage wieder. Dann bin ich für die Montage der Lichtmaschine zuständig. Peter kümmert sich derweil um die Verbindung des Motors mit dem Getriebe, um das Ausrücklager, die Kupplung und letztendlich deren richtige Einstellung. Auch das alles ziemlich fummelig, weil alles in dem dunklen, engen Raum zwischen Motor und Fahrgastfußraum. |
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Auch der Kühler kommt wieder in die Front, alle Wasserschläuche werden angeschlossen und fest verbunden. Die Benzinzufuhr wird wieder hergestellt. Der Zündverteiler wurde bereits vorher am Montageort auf dem Werkzeugwagen an seinen Wirkungsort an der Nockenwelle hinten am Zylinderkopf montiert, dort schraubte ich auch nagelneue Zündkerzen ein. Auch die Zündkerzenkabel konnten somit aufgesteckt werden. 7,5 Liter Kühlwasser gelangen ins System, 4 Liter Öl sollen zunächst für die nötige Schmierung sorgen. Es naht der Moment der Wahrheit! Wir starten den Motor... er dreht... er orgelt... und nach nur wenigen Umdrehungen merken wir... dass der Batterie die nötige Kraft fehlt! Peter: "Och nööööö, nicht schon wieder!" Er denkt wohl an ein ähnliches Problem, das wir bei der Motorreparatur vor zwei Jahren hatten. Deshalb suchen wir also nach einem Starthilfekabel... doch im gesamten K 70 Kompetenzzentrum ist keines zu finden. Also fahre ich nach Höhr-Grenzhausen zur Tankstelle und kaufe dort ein Starthilfekabel! Zurück im K 70 Kompetenzzentrum in Hillscheid werden die Batterien überbrückt... und siehe da... er läuft!!! Und wie er läuft! Meister Peter ist erleichtert und überaus zufrieden. Ich natürlich auch! |
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Ich beginne anschließend unmittelbar damit, den Rekonvaleszenten für die Heimfahrt auf dem Trailer vorzubereiten. Alles wird verpackt und eingeräumt, letztendlich wird das Fahrzeug aufgeladen und verzurrt. Über Nacht parkt der Anhänger samt K 70 in der Halle. |
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![]() Nächtliches Warten auf die Heimreise |
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Am nächsten Morgen trete ich die Rückreise an. |
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![]() Tschüss Hillscheid! --- unter der weißen Kunststofffolie liegt übrigens der ausgebaute Motor! --- |
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Weil es auf der Autobahn A3 bei Köln mehrere Unfälle gab, stehe ich mit dem ganzen Gespann mehrfach im Stau - deshalb dauert die Rückfahrt um Einiges länger. Als ich auf der Autobahn an Hagen vorbeikomme, erhalte ich von Ralf Knispel, dem 1. Vorsitzenden des 1. internationalen K 70 Clubs per WhatsApp die Einladung zu einem Kaffee - die ich dankend annehme. Nach diesem kurzen Abstecher geht es nun geradewegs durch bis nach Hause. |
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Dort angekommen lade ich den "alten" Motor und den K 70 ab. Abschließend zieht SICILIANO den Anhänger, auf dem er nun selbst über 700 Kilometer transportiert wurde, höchstpersönlich wieder zu seinen Besitzern zurück. |
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Die gesamte Aktion "Motorrevision" endet somit deutlich nach 20:00 Uhr. Dieses Wochenende hat mich total platt gemacht! Danke! Zu guter Letzt wird es natürlich Zeit, sich besonders bei folgenden Personen zu bedanken: Jasmin Meyenburg und Dominique Hackstedt für die Zurverfügungstellung des Trailers, Peter Rodenberg für seine überaus aufopferungsvolle Unterstützung in der Werkstatt und Marion Claßen für Unterbringung und Verpflegung. In SICILIANO schlägt endlich wieder das originale Herz... und das hoffentlich noch sehr lange. |
Alte Autos und Urlaub... sind bei Weitem nicht alle Themen, über die hier erzählt wird.
Andreas Kernke
Übersetzung - Translation - Traduzione - Översättning - Tłumaczenie - перевод
Dienstag, 6. Mai 2025
Matching Numbers - Motorrevision und Motortransplantation
THEMATIK:
VW K 70
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Booster steht an der Presse,Batterieladegerät ist auch vorhanden.
AntwortenLöschenDie Haltevorrichtung wird auch am VW Bus T3 verwendet,wenn nur der Motor ausgebaut wird und das Getriebe in Fahrzeug verbleibt.
Danke Markus 😊,
Löschenwir haben's ja glücklicherweise auch so geregelt!