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Freitag, 7. April 2023

Zehnter STATUSREPORT zum silbernen VW K 70 von Sizilien

Nur fünf Tage nach dem neunten Statusreport zum silbernen VW K 70 von Sizilien schon eine weitere Folge?

Tja - manchmal spielt das Schicksal böse Streiche - heute hat es mir einen fetten Strich durch die Rechnung gemacht! Da Ostern ist, hat es mir quasi ein dickes Ei ins Nest gelegt 😟.

Nachdem nun am Sizilianer wirklich alles wieder am rechten Fleck sitzt und die Wiederinbetriebname unmittelbar bevorsteht... kommt die Wahrheit um den Motor ans Tageslicht. Und sie trifft mich wie ein Knock Out beim Boxen.

Gerade habe ich noch das neue Zündanlassschloß von Mario Thimm per Post erhalten und eingebaut. Logischerweise folgt nun das Starten des Motors und die erste kurze Probefahrt. Dabei fällt mir sofort auf, dass der Motor unter Last klappert. Shit!

Dieses Video geht natürlich auch an die beiden Spezialisten vom VW K 70-Kompetenzzentrum Westerwald - und was sie mir antworten ist echt bitter:
Peter schreibt:
"Pleuellagerschaden...😔". 
Auch Markus' Urteil fällt hart aus: "Der ist fertig! Kapitaler Lagerschaden 😢".

Dabei hatte der Motor vom Sizilianer im letzten Mai doch so gut gelaufen... aber halt nur im Stand, eben nicht unter Last 😥.

EIGENTLICH
wollte ich den Sizilianer innerhalb der nächsten beiden Wochen zur DEKRA bringen um das Oldtimergutachten erstellen zu lassen. Ende April sollte es nach Celle zum Marathon-Treffen gehen. Der Sizilianer sollte allerdings nur Begleitfahrzeug für den marathonfarbenen K 70 sein. Der soll dann bereits meinem Sohn Lukas gehören. Und Pfingsten sollte es ja zum Österreich-Treffen gehen. Das steht jetzt alles auf der Kippe.

WAS KANN ICH TUN?
Erste Möglichkeit: eventuell hat Peter noch einen 90 PS-K 70-Motor. Dafür müsste ich mit dem K 70 natürlich auf einem Trailer in den Westerwald.
Zweite Möglichkeit: ich habe mal vor ein paar Jahren einen 75 PS-K 70-Motor bei eBay-Kleinanzeigen erstanden. Der steht in meiner Werkstatt - den könnte ich jetzt ohne allzu große Komplikationen in den Sizilianer transferieren. Diese Downsizing-Variante wäre allerdings weniger attraktiv, die Originalleistung wäre logischerweise besser.

Was immer nun geschieht, es ist irgendwie grad alles blöd! Warum habe ich denn zur Zeit nur so ein Pech mit den Lagerschäden beim K 70?

Mir platzt der Kopf... ich muss erstmal überlegen!
😐

Ein Wochenende später...
Was hilft all das Überlegen? Davon geht nichts voran! Und das ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, an dem es langsam eng wird. In einem Monat soll der Sizilianer auf seine erste große Fahrt nach der Restauration (nach Österreich) gehen.

Als ich letztes Jahr die Kurbelwelle des sizilianischen Motors mit einem 32er Ringschlüssel an der großen Mutter an der Riemenscheibe gedreht habe, ließ sich die Kurbelwelle stellenweise relativ schwer und unwillig bewegen. Ich schließe hinsichtlich der aktuellen Kenntnisse daraus, dass im Laufe seiner 26-jährigen Standzeit die Pleuellager im alten Motoröl Schaden genommen haben. Die Erklärung zu diesem Schaden ist allerdings zunächst schwer fassbar. Nach ausgiebigen Internet-Recherchen wird das Problem aber recht schnell deutlicher.

DIE MÖGLICHE, WAHRSCHEINLICHE URSACHE

Während ein Motor läuft, herrschen im Inneren der Brennräume extreme Temperaturen und hoher Druck. Daher kann, auch bei Einhaltung kleinster Fertigungstoleranzen, nicht verhindert werden, dass geringe Mengen an Verbrennungsabgasen den Zylinder verlassen und in den Ölkreislauf gelangen. In diesen Abgasen sind neben Wasserdampf und CO2 immer kleinste Mengen an Schwefel- und Stickstoff-Oxiden enthalten. Durch chemische Reaktion dieser Oxide mit dem kondensierenden Wasser werden daraus unter anderem Schwefelsäure und Salpetersäure. Diese lassen sich auch im Motoröl nachweisen. Dort greifen diese hochkorrosiven Säuren die metallischen Oberflächen der Lager im Motor an, fördern den Abbau von Additiven und lassen das Öl "altern“. Genau das vermuten die Spezialisten vom K 70-Kompetenzzentrum Westerwald im Übrigen auch bei meinem gelben LS.

Jede Menge Technik

Kurbelwelle, Pleuel, Pleuellager 

Pleuellagerschalen
Wenn durch ein defektes Lager die Kurbelwelle nun (hoffentlich) nicht beschädigt wurde, wäre es natürlich möglich, den Schaden zu beheben. Dazu müsste man an Kurbelwelle und Pleuellager heran und die Lagerschalen ersetzen. Hätte, wäre, wenn... momentan gibt es jedoch weder für Geld noch für gute Worte neue Lagerschalen für VW K 70-Motoren. Die Reparatur wartet daher auf einen leider unbestimmten Zeitpunkt, zu dem Lagerschalen wieder erhältlich sein werden.

Das kompakte Etagentriebwerk des VW K 70: Getriebe, Kupplung, Differential und Motor auf engstem Raum

Daher entscheide ich, den originalen 90 PS-Motor aus dem Sizilianer auszubauen und durch einen 75 PS-Motor, den ich einstmals bei eBay-Kleinanzeigen erstanden habe, zu ersetzen. Das ist schließlich die momentan finanziell erträglichste Lösung - vorausgesetzt der Motor ist in Ordnung.

Schnell räume ich den Motor unter der Werkbank in meiner Werkstatt frei. Erneut mit einem 32er Ringschlüssel an der großen Mutter der Riemenscheibe drehe ich an seiner Kurbelwelle. Dabei lässt sich der Motor einigermaßen leicht und gleichmäßig drehen - was grundsätzlich schonmal ein gutes Zeichen zu sein scheint. Leider muss ich allerdings feststellen, dass auch in seiner Ölwanne altes Öl schwappt. Dieses lasse ich logischerweise unverzüglich ab.

Da jeder K 70 über ein Etagentriebwerk verfügt, muss zur Entnahme des Motors weder Getriebe noch Kupplung und Achsantrieb zwangsweise augebaut werden. Die erst vor kurzem durchgeführten Arbeiten an den Bremsen bleiben daher unangetastet. Die Mission der Trennung des Motors vom Antriebsstrang ist für mich zugegebenermaßen absolutes Neuland. Glücklicherweise steht mir Markus Retz als Telefon- bzw. WhatsApp-Joker zur Verfügung. Dank vieler Fotos und textlichen Austausches gelingt es mir schließlich, den 75 PS-Motor ein- und den 90 PS-Motor im Sizilianer auszugsfähig zu machen.

Auch das muss für den Motorausbau raus! 

Der komplette Samstag steht im Zeichen des Motortausches.
Mein Sohn Lukas ist bereits um 10:00 Uhr zur Stelle. Gemeinsam und mit Hilfe eines Kettenzuges tauschen wir die Motoren aus. Das punktgenaue Aufsetzen des Motors auf den Achsantrieb und das anschließende Verschrauben beider Komponenten gelingt uns nach etwas Tüftelei. Das Einführen der Antriebswelle zwischen Kupplung und Getriebe ist viel weniger problematisch als zunächst vermutet. Schließlich werden alle Anbauteile mit dem Motor verbunden. So finden der Auspuffkrümmer, die Wasserpumpe, die Lichtmaschine, der Anlasser und auch der Vergaser an ihren vorgesehenen Platz. Sämtliche Schläuche und Kabel werden wieder angeschlossen. 


Vater & Sohn-Schrauber-Samstag
 

Hilfreicher Lukas
 
Gegen 19.00 Uhr setzen wir die Motorhaube wieder ein. Jetzt benötigt nur noch die Dichtmasse zwischen Motor und Wasserpumpe sowie zwischen Ansaugbrücke und Vergaser etwas Zeit zum Abbinden.

Nächste Woche kann ich den Motor mit Öl und Kühlwasser befüllen... und dann kommt schließlich der große Augenblick des ersten Motorlaufs der 75 PS-Maschine im Sizilianer. Drückt mir fest die Daumen, das der Motor gut läuft!

An dieser Stelle geht mein ausdrücklicher Dank an den Telefon- und WhatsApp-Support durch Markus Retz!

Der Motor ist drin! Hoffentlich läuft er ordentlich!



An den Anlasser kommt man schwer dran... zumindest fototechnisch

DER SONNTAG DANACH...


Natürlich juckt es mir bereits am Sonntag in den Fingern. Nur kurz möchte ich den Motor starten. Also muss ich die Batterie anschließen. Dabei funkt es nur kurz aber kräftig als ich das Massekabel am Minuspol der Batterie anschließen will und augenblicklich dreht der Anlasser den Motor durch - ohne dass der Zündschlüssel gedreht wurde.

Ich frage mich natürlich, was den Anlasser zu diesem spontanen Einsatz treibt - eine Antwort finde ich darauf aber nicht. Stattdessen wähle ich einen anderen Anlasser aus meinen Lagerbeständen.

Damit geht es unbeirrt weiter. Aus dem "kurzen Starten des Motors" wird eine deprimierende Orgelei - bei der am Ende leider nichts herauskommt. So kann ich mich wenigstens geistig mit der Zündunwilligkeit dieses Motors beschäftigen. Woran liegt es also?

Wird vielleicht kein Sprit gefördert? Telefonjoker Markus mutmaßt aus Erfahrung, dass vielleicht die Membrane der mechanischen Benzinpumpe im Eimer ist. Es gibt zwei Pumpenversionen: die eine läßt sich in fast alle Einzelteile zerlegen, die andere ist weit weniger reparabel. An meinem 75 PS-Motor werkelte die zweite, am 90 PS-Motor war es die erste Version. Ich finde es sinnvoll, dem jetzt verbauten Motor die ersten Version zu verpassen. Also nehme ich das Teil auseinander - stelle dabei fest, dass die Bauteile nur schmutzig aber ansonsten durchaus brauchbar sind. Am Ende sitzt die aufgearbeitete Benzinpumpe im Sizilianer. 
Der orgelt aber immernoch ergebnislos. Markus schickt mir eine Einbauanleitung der Benzinförderanlage, durch die ich erkenne, dass die Pumpe nicht selbstansaugend ist und daher manuell mit Benzin befüllt werden muss. Auch dieser Punkt wird erledigt. Beim Dreh am Zündschlüssel plätschert Benzin durch den vom Vergaser abgezogenen Kraftstoffschlauch - die Pumpe funktioniert also.


Die Benzinpumpe am 75 PS-Motor
Version 2

Die Benzinpumpe vom Sizilianer 
Version 1

Der Ausbau beginnt - Schläuche ab!

Membran der sizilianischen Benzinpumpe

Dennoch bringt Orgeln wieder NICHTS.

Ich habe von Peter gelernt: für eine fehlerlose Verbrennung braucht man neben Sauerstoff Sprit und einen Funken. Sprit fließt... fehlt also der Funke. Jetzt mache ich Nägel mit Köpfen! Auch der 90 PS-Zündverteiler wird an den 75 PS-Motor transferiert. Daher muss ich jetzt auch die Zündung neu einstellen.

Für solche Spezialitäten ist nun Peter mein Ansprechpartner Nr. 1!

Anleitung zum perfekten Einstellen der Zündung von Hand 

1. In einem Sichtfenster im Kupplungsgehäuse muss eine Markierung für den Zünd-OT auf der Schwungscheibe zu sehen sein. Zünd-OT: das ist der Punkt, an dem im 1. Zylinder der Kolben am oberen Totpunkt steht und die Zündkerze das angesaugte und verdichtete Gemisch zur Explosion bringen muss. Optimalerweise geschieht das jedoch minimal früher, weshalb man ebenfalls durch Drehen der Kurbelwelle an der Riemenscheibe in unmittelbarer Nachbarschaft eine zweite Markierung bei 5° auf der Schwungscheibe findet.

Im Sichtfenster zu erkennen, ein O und ein Strich

 
Dass dieser Zünd-OT gefunden ist, lässt sich durch minimales Spiel an den Kipphebeln unter den (natürlich abgenommenen) Ventildeckeln des 1. Zylinders überprüfen.

Ganz wichtig: die Kipphebel lassen sich im Zünd-OT minimal hin und her bewegen! Minimal heisst: wirklich nur ganz wenig, kaum spürbar!

Der Verteilerfinger muss genau auf die Kerbe am Rand des Verteilers eingestellt werden
2. Nun muß die Verteilerkappe entfernt werden. Der Verteiler befindet sich hinten am Zylinderkopf. Er wird über die obenliegende Nockenwelle angetrieben. Um ihn einzustellen, muss man sein Antriebsritzel (nach Lösen der 10er Schraube am Verteilerfuß) aus dem Nockenwellenantrieb herausziehen und so wieder einsetzen, dass der Verteilerfinger haargenau auf eine Kerbe auf dem Verteilerrand weist.

Der Verteilerfinger lässt sich jetzt etwas hin- und her bewegen.

3. Das dicke Kabel von der Zündspule zum Verteiler wird aus dem Verteiler gezogen. Sein offenes Kabelende muss jetzt ca. 5 bis 10mm entfernt von einem metallischen Teil des Motors gehalten werden.

4. Die Zündung muss per Zündschlüsseldreh angeschaltet werden.

5. Der Verteiler wird sehr langsam hin- und hergedreht. An einer bestimmten Stelle springt ein deutlich sicht- und hörbarer Funke am Kabelende des Zündkabels zum metallischen Teil des Motors über. Exakt diese Stelle ist herauszufinden und einzuhalten!


Fotografischer Trick: Sichtbarmachung des Zündfunkens

6. Zündung aus! Verteiler festziehen (ohne zu verstellen!), alles wieder zusammenbauen.

7. Zur Gegenprobe die Kurbelwelle wieder über die Riemenscheibe drehen. An der 5°-Markierung muss der Funke überspringen.

Ein großes DANKESCHÖN an Peter Rodenberg, der mir diese Anleitung per Telefon durchgegeben hat. Ich hatte diese Art der Einstellung schon im letzten Mai miterleben dürfen... PETER IST EIN MOTORGOTT! 👍😀 

Peter versichert, dass es definitiv keine präzisere Möglichkeit der Zündeinstellung gibt.

Trotzdem gelingt es mir erst nach unzähligen Versuchen, diesem Anspruch gerecht zu werden. Mein größtes Problem ist es dabei wohl stets, dass ich nicht den richtigen Zünd-OT einstelle. Erst ganz zum Schluß wird mir klar, dass eine Drehung der Nockenwelle zwei Drehungen der Kurbelwelle bedeuten. Ich kann den OT also nach einer Kurbelwellendrehung einstellen aber erst eine weitere komplette Drehung bringt den Zünd-OT. Somit haben meine Bemühungen auch endlich Erfolg und der Motor springt tatsächlich augenblicklich an.

Jetzt ist nur noch fraglich, wie sich der Motor unter Last verhält. Eine erste Probefahrt mit diesem 75 PS-Motor bringt die erleichternde Gewissheit: der Motor läuft auch unter Last butterweich!

Was lange währt. wird endlich gut!
Noch an diesem Wochenende wird die Vorderachsgeometrie eingestellt und am kommenden Donnerstag hoffe ich auf das Oldtimergutachten.

Jetzt ist es endlich mal Zeit für einen erstaunlichen Überblick! Nach über 19 Monaten gibt es im Rahmen dieser Restauration bis auf Scheibenwischermotor und Lüftermotor im Armaturenbrett am Sizilianer kein weiteres Bauteil, das ich nicht zu Restaurationszwecken ausgebaut und bearbeitet habe. Ich habe somit das komplette Auto auseinander und wieder zusammengebaut!

Jetzt folgt endlich das Finale! Und wie immer... AUF DIE LETZTE MINUTE!


Man, was bin ich froh!

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