Wie unglaublich gern hätte ich genau 540 Tage meines Lebens einfach vorgespult. Genau jene Tage vom 10. März 2020 bis zum 1. September 2021 sind es nämlich, die mich eine fiese Krankheit (gemeint ist natürlich Corona!), die langfristig im menschlichen Körper bewirken kann, dass man wie durch einen Schwamm atmet, an der Ausführung meines Planes hinderte. Eine Zeit, die durch diese bedrohliche Pandemie und ihre unerbittliche Bekämpfung leider nur quälend langsam verging. Über ein Jahr unserer wertvollen Lebenszeit, die uns ungefragt gestohlen wurde - die wir logischerweise aber auch von niemandem zurückverlangen können. Dabei geht es in meiner Geschichte eigentlich "nur" um die schönste Zeit des Jahres - um Urlaub. Allerdings um einen Urlaub, der ein ganz besonderes Abenteuer umschließt. Im Urlaub 2019 kaufte ich nämlich auf Sizilien einen 1972er VW K 70. Genau DEN wollte ich neun Monate später vom Südwesthang des Ätna bergen und mit einem Trailer nach Hause holen... im letzten Moment vor dieser Reise durchkreuzte allerdings COVID-19 meinen Plan. Seitdem stand die ganze Welt in nie da gewesenem Maße über ein Jahr lang komplett Kopf. |
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Deshalb gestaltete sich auch die erneute Planung des Unternehmens wie ein Glücksspiel. Einerseits beobachtete ich die Entwicklung der Coronazahlen, andererseits sind diese Beobachtungen aufgrund ihrer fehlenden Vergleichbarkeit infolge mangelnder Erfahrungen als verlässliche Statistik wenig brauchbar - ein Großteil der Planung basiert daher also auf Glaube, Hoffnung, Zuversicht und Vertrauen. Seit dem "Black Friday 2020" blickte ich jedoch voller Zuversicht auf den 1. September 2021 - und damit auf den Start der Umsetzung meines Plans. |
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Nachdem wir am Wochenende vor Reiseantritt den angebotenen Trailer von K 70 Club-Kamerad Andreas Faulhaber in Woltorf bei Peine abgeholt haben, machen wir uns am Mittwochmorgen auf die lange Reise. Den 1. Teil, etwa 530 Kilometer mit leerem Anhänger bis nach Jockgrim bei Karlsruhe, pilotiert Olivia. Kurz vor 17.00 Uhr erreichen wir nach acht Stunden Fahrt ohne jegliche Komplikationen das Ristorante Pizzeria Borsellino. Dessen Inhaber Raffaele lernte ich bereits vor über dreißig Jahren in Menfi/Sizilien kennen. Damals gehörten regelmäßige Besuche in seiner Bar-Paninoteca "Il Chiosco da Raf" zum festen Bestandteil jedes Sizilien-Urlaubs, denn seine "Panini alla Raf" waren einfach spitze! Als wir uns zu einem Frühstück im Urlaub 2019 in der Menfitaner "Sydney-Bar" seines Bruders Pino trafen, erzählte ich Raf vom Kauf des VW K 70 in Adrano - und meiner Suche nach einer Logistiklösung. Gleichzeitig suchte er im Gegenzug nach einer Transportmöglichkeit für sein 1986er Fiat Ritmo Cabrio von Karlsruhe nach Sizilien. Der Austausch dieser Erzählungen führte nach einer preislichen Einigung schließlich dazu, dass wir sein Fahrzeug nach Sizilien und unser Fundstück dann wieder zurück nach Deutschland überführen wollten. An diesem "Deal" änderte auch Corona nichts - wenngleich es durch die Pandemie natürlich zu extremen Verzögerungen kommen sollte. |
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Tag 2 unserer Mission beginnt mit dem Aufladen des Cabrios. Da es sehr tief (f)liegt, gibt es zunächst Probleme mit dem Vorschalldämpfer. In der normalen Position der Auffahrrampen bleibt der Ritmo mit der Vorderkante seines Schalldämpfers an der hinteren Kante des Anhängers hängen. Damit sich das Heck des Anhängers durch die Belastung des Fiat zur Lösung des Problems senken kann, muss ich den Anhänger vom REDSTAR trennen. Gleichzeitig muss Raf seinen Wagen nach vorn auf die Plattform fahren.
Mittels der mitgebrachten Gurte wird der Fiat schließlich an allen Rädern auf dem Trailer verzurrt, Raf überreicht mir Schlüssel, Papiere und eine Transportvollmacht... und nach einem Abschiedsfoto vor dem Gespann können wir Richtung Süden starten. |
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Um allzu extreme Belastungen durch Steigungen des Gespanns zu meiden, hatte ich für diese 2. Etappe über die Alpen eine Route von knapp 600 Kilometern über A8 und A7 zum Fernpass, von dort Richtung Innsbruck und dann über die Brennerautobahn Richtung Verona gewählt. Die Schweizer Route (durch den St. Gotthard-Tunnel) entfällt von vornherein, weil dieses Land nicht zur EU gehört und mir seine Zollmodalitäten unnötigerweise das Leben schwer gemacht hätten. |
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Es ist bereits dunkel, als wir in Rovereto im Trentiner Etschtal am Leno ankommen. Über Google-Maps hatte ich vorab einen etwas außerhalb gelegenen Parkplatz gefunden - dort übernachten wir. Schon seit Innsbruck - also seit gut 200 Kilometern - liegen zwei Portionen Seelachsfilet an frischem Spinat und Bohnen in einem eigens für diesen Zweck hergestellten "Garkorb" in Alufolie eingewickelt auf dem Zylinderkopf des REDSTAR. Ich hatte dieses Rezept im Internet gefunden und fand die Idee für diesen Snack interessant. Als ich die Nacht-Mahlzeit nun auspacke, stellt sich heraus, dass sie nicht annähernd heiss genug ist... das Experiment ist also somit leider gründlich gescheitert.
Natürlich ist mir klar, dass der Garprozess am Auspuffkrümmer oder gar am Turbolader wesentlich effektiver gewesen wäre - wer die Einbaulage des Turbodiesels im T3 kennt, weiß jedoch, dass diese Version des Garens nicht möglich ist. Wir verschieben das Verspeisen des Gerichtes also auf den nächsten Mittag - dann zubereitet mit unserem bordeigenen Campingkocher.
Etappe 3 beginnt bei Tagesanbruch. Die Strecke durch Norditalien umfasst nur ca. 330 Autobahn-Kilometer. Wir nehmen die A22 bis unterhalb des Gardasees, dann die E 70 Richtung Westen, später Richtung Süden vorbei an Piacenza - alle Strecken unspektakulär und topfeben. Bei Tortona schließlich auf die A7. In Seravalle Scrivia, nur noch 56 Kilometer vor unserem Etappenziel Genua entfernt, verspeisen wir das Essen von gestern, diesmal gegart im Topf.
Bereits gegen 18.00 Uhr finden wir uns auf dem großen Grandi-Navi-Parkplatz in Genua ein. Knapp zwei Stunden später legt die "La Suprema" aus Palermo kommend an, erst um 23.15 Uhr steht unser Gespann auf Deck D der Fähre. Das Ablegen findet erst gegen 1.00 Uhr nachts statt - zu diesem Zeitpunkt liegen wir allerdings bereits in unseren Kojen!
Die 800-Kilometer-Etappe 4 über das Ligurische Meer, später über das Tyrrhenische Meer - das dort immerhin bis zu 3.600 Meter tief sein soll, verbringen wir zumeist schlafend. Ungewohnterweise ist der Himmel nämlich während der Schiffsreise zumeist wolkenverhangen - kurz vor der Ankunft in Palermo schüttet es sogar wie aus Kübeln. Dank einer straffen Geschwindigkeit (auf See) von zeitweise über 50 km/h schafften wir die Entfernung innerhalb von siebzehn Stunden (sonst zwanzig Stunden).
Das Verlassen des Schiffes klappt tatsächlich recht zügig. Bereits eine halbe Stunde nach dem Anlegen rollen wir mit unserem Gespann auf sizilianischen Boden. Wir müssen quer durch die sizilianische Hauptstadt (seit 2016 übrigens Partnerstadt von Düsseldorf) mit ihrem chaotischen Verkehr - für die Überquerung der Insel wähle ich allerdings die wesentlich seichtere 124 Kilometer lange Westroute über die Autobahn E90. Sonst fahren wir nämlich lediglich 87 Kilometer über die SS186 und SS624, die jedoch kilometerlang stellenweise sehr, sehr steil das Jato-Gebirge, ein paar Kilometer südwestlich von Palermo, emporführt.
Kurz vor 21.00 Uhr stehen wir nach 3 Tagen und 12 Stunden am Ortseingang von Menfi. Hier geht's weiter zu >>Teil 2<< |
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Alte Autos und Urlaub... sind bei Weitem nicht alle Themen, über die ich hier erzähle.
Andreas Kernke
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Mittwoch, 8. September 2021
Der langersehnte Roadtrip - Teil 1
THEMATIK:
VW Bulli
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Super Nummer, genial geplant - praktisch keine Leerfahrt. Hättest Spediteur werden sollen! :D
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