Montag, 9. Mai 2016

Lieber was Schönes zu Himmelfahrt

Mit den typischen Vatertagstraditionen gehe ich eher ganz unkoventionell um. Wobei ich generell nichts gegen irgendein Brauchtum habe... solange es nicht um den Genuss von massiven Mengen Alkohol geht.

Wenn ich es recht überlege, habe ich den Vatertag noch nie so gefeiert, wie es zahllose Männer (die ja oftmals nicht mal Väter sind!) jedes Jahr wieder zelebrieren.

Erstmal Bilder aus alten Zeiten:
Sohn - Vater - Tochter in Asel (ca. 2001)

Greetsiel (ca. 2002)

Minigolf in Asel

K 70-Treffen Salzgitter

Bollerwagentour (ca. 1993)

(ca. 1993)

Neuharlingersiel (ca. 2001)

Ich fand und finde immer angenehmere Möglichkeiten, solche Tage zu gestalten. Früher nahmen meine Kinder und ich beispielsweise regelmäßig zum Vatertag an einer Vater- und Kind-Freizeit unserer Kirchengemeinde teil. Dabei fuhren wir Väter mit unseren Kindern in die evangelische Jugendbildunsstätte Asel/Ostfriesland (ähnlich einer Jugendherberge). Dort verlebten alle Teilnehmer ein paar schöne Tage mit Grillen, Kanufahren, Waldspaziergängen und Minigolf oder Fussball. Da unsere Kinder langsam alle ihre eigenen Wege gehen, sind wir nun also ohne sie unterwegs - aber auch das hat durchaus seine Vorzüge.

Dieses Jahr haben wir uns für eine kleine Reise in den Norden entschieden. Dabei besuchen wir Lars, vielleicht auch den "Sandmann", suchen auf dem Soldatenfriedhof Esbjerg nach dem Grabkreuz von Olivia`s Opa Heinrich und erleben hinterher erst noch ein bisschen Dänisches und schließlich Kieler Strandleben. Doch der Reihe nach.
Deichkind in Otterndorf

Die Wettervorhersage verspricht bestes Wetter. Da wird es bestimmt voll auf den Straßen. Deshalb wählen wir mal eine besondere Strecke: nicht durch das Wooling-Zentrum Hamburg, sondern über Bremen und die A27 ins wesentlich ruhigere Cuxhaven und von dort mit der Fähre über die Elbe nach Brunsbüttel. Da wir im Zeitmanagement vollkommen losgelöst von Terminen sind, fahren wir bereits abends los.

Als wir am Fähranleger in Cuxhaven sind, ist die letzte Fähre für diesen Tag seit zwanzig Minuten weg. Das nächste Schiff geht erst wieder morgen früh um Fünfe - da werden wir wohl noch schlafen - dann um Sieben, eher wohl um Neun oder um Elf... Also suchen wir uns ein ruhiges Plätzchen zum Übernachten - das wir dann auch endlich elbaufwärts hinterm Deich in der Nähe von Otterndorf finden. Im Dunkeln spaziere ich mit einer Taschenlampe den Deich hinauf und habe dort einen tollen Rundumblick über den breiten Fluss bei stiller klarer Nacht, die nur durch das tiefe Gullern eines Containerfrachters und Schafe auf dem Deich vertont wird. Schafe auf dem Deich? Ihre Exkremente haften unbemerkt im Profil meiner Schuhe und begleiten mich bis vor mein Bett im Bulli.
Ruhiger Sch(l)afplatz

Cuxhaven in Sicht

Morgens über die Elbe geschaut

Nach einer ruhigen Nacht werden wir von den ersten Sonnenstrahlen geweckt. Noch bevor sich meine Augen an das helle Licht gewöhnt haben und da es gerade halb Sieben ist, schlägt Olivia vor, die Fähre um Sieben zu nehmen. Gefühlte dreißig Sekunden später sind wir startbereit - unser Bulli aber nicht! Der Dreh am Zündschlüssel führt nicht zum gewünschten Motorstart. Ist die Batterie leer? Wir versuchen erfolglos, den REDSTAR anzuschieben - und erhalten postwendend die Lektion, dass man einen nachtkalten Diesel nicht einfach so anschiebt. Der ADAC wird geordert. Eine Stunde später wissen wir, dass es nicht die Batterie, sondern der Stecker am Anlasser ist: entweder korrodiert oder wackelig - der Motor springt an.
With a little help from my friends... der ADAC findet
einen 
Wackelkontakt

Interessiert an der Restaurations-Dokumentation

Die Sieben-Uhr-Fähre ist natürlich längst weg. So fahren wir eben um Neune. Auf der Fähre parken wir nach vorn abschüssig - man weiss ja nie, ob der Anlasser... Die Fahrt über die Elbe dauert über eine Stunde. Im Bordrestaurant trinken wir erstmal Kaffee und lassen die in gleißendes Morgenlicht geflutete Welt um uns herum vorbeigleiten... und auch das Segelschulschiff "Alexander von Humboldt II", dessen Schwesterschiff "Alexander von Humboldt" international als Werbeschiff für "Beck´s Bier" bekannt wurde.
Wir wollen auf die Fähre nach Brunsbüttel

Platz ist genug da

Der blaue Himmel, das blaue Deck und der rote Multivan

Rot fällt immer ins Auge

Extra schön im Gefälle geparkt - war aber nicht nötig: der Anlasser streikte nicht wieder

Fast drüben, in Schleswig-Holstein

♫♪♪♫♪ Sail away...♫♪♪♫♪

Welcome in Schleswig-Holstein

Auf der schleswig-holsteinischen Seite werden wir in Brunsbüttel wieder am Elbufer an Land entlassen. Von hieraus sind es keine fünfzig Kilometer bis zu unserem nächsten Etappenziel Süderdeich in Dithmarschen. Dort hatten wir bereits im Mai 2014 Lars besucht und kennengelernt. Nun wollen wir u.a. sehen, wie weit seine Bemühungen um die inzwischen lackierte, buckelige "Elsa", seinen alten VOLVO PV444, gediehen sind. Außerdem hatte er vor ein paar Tagen einen tornadoroten Golf-Variant erstanden... ein kleines Fotoshooting mit REDSTAR und GOLF soll stattfinden.
Bunte Welt in Dithmarschen
Diese Farbkontraste!

Lars meint immer, er sei nicht fotogen

Dafür irren wir mit den Autos ein wenig auf staubigen Feldwegen zwischen den vielen Windkraftanlagen und Rapsfeldern herum, knipsen hier oder fliegen da - mein Cameracopter "Flying Zephyr" filmt ein paar Takes aus der Luft.

Bevor wir zu einem wichtigen Date ins einhundert Kilometer entfernte Fehrenbötel aufbrechen, sind wir bei Lars` Mama zu ihrer legendären Rhabarbertorte eingeladen - diese Spezialität hatten wir schon 2014 schätzen gelernt!
Ach ja - Elsa wollten wir uns ja auch
noch ansehen!
Well done, Lars!
Der schöne Rücken sah letztes Mal
wesentlich unattraktiver aus!

Fehrenbötel: dort erwartet uns ein Audi V8-Treffen zu dem uns Jenz Tanz, der "Sandmann" eingeladen hatte. Nun stehen Benzingespräche, Grillen, Getränke bis spät in die Nacht auf dem Programm. Zu guter Letzt verspricht uns Jens seinen gebrauchten Mobilkühlschrank, wir müssen ihn nur in Kiel abholen - mal sehen! Da wir vom Alkohol lieber die Finger gelassen haben, kehren wir in der Nacht noch nach Süderdeich zurück.
... neben dem legendären "Sandmann"-XM geparkt

Showtime

Beim näheren Betrachten... will der XM nicht so recht
auf ein...

... AUDI-Treffen passen

Ringe (Foto: Lars Golly)

Unser Schlafplatz - diesmal nicht unterm Windrad

Moin!

Am nächsten Morgen brechen wir nach dem Frühstück (das eigentlich besser hätte Spätstück heißen sollen) Richtung Norden auf. Dazu nutzen wir nicht die A7, sondern folgen der B5 durch Husum und Niebüll um dann nördlich von Süderlügum die dänische Grenze zu passieren. Von dort geht es über Tondern und Ribe nach Esbjerg. In diesem Nordseehafenstädchen ist 1943 Olivia´s Opa Heinrich als Soldat des Atlantikwalls beim Übungsschießen vermutlich versehentlich von einem Kameraden erschossen worden. Wir wollen sein Grabkreuz auf dem Soldatenfriedhof Gravlunden besuchen. Doch ihn zwischen den rund 1.300 dort begrabenen Kriegstoten zu finden, ist gar nicht so einfach. Wie es immer so passiert... man sucht und sucht und sucht - und erst kurz bevor man alles durchsucht hat, findet man endlich, wonach man gesucht hat. Bei der Suche fällt mir übrigens auf, dass das Sterbedatum vieler Toten deutlich NACH Kriegsende war. Beim späteren Googeln erfahre ich, dass die Deutschen im zweiten Weltkrieg in und um Esbjerg viele vernetzte Landminen vergraben hatten - nach Kriegsende wurden die deutschen Kriegsgefangenen von den Dänen gezwungen, diese gefährlichen Sprengbomben per Hand wieder auszubuddeln. Dabei sind viele Kriegsgefangene ums Leben gekommen.
Gravlunden - Ort der Ruhe seit über siebzig Jahren


Hinter jedem Kreuz steckt eine
Geschichte

Ort der Besinnung

Opa gefunden
Nach diesem Exkurs in graue, trübe Zeiten brauchen wir etwas Buntes, Helles und entschließen uns, noch eben an einen Strand zu fahren - der nächste Strand heißt mit Vornamen "Henne", "Henne Strand". Auf dem Weg dorthin werden wir auch nochmal mit dem wehrhaften Dänemark konfrontiert - wir durchqueren das gigantische Truppenübungsgebiet "Kallesmærsk Hede".

Ich kann mir gut vorstellen, dass die Hügel und Dünen diese Gegend wirkungsvoll vor dem scharfen, fiesen Westwind schützen, der von der unmittelbar nahen Nordsee bekanntlich erbarmungslos blasen kann. Im Schoße des Windschattens ist dann auch bestimmt eine gewisse Geborgenheit zu spüren. Ruhe und Geborgenheit sind in "Henne Strand" jedoch vermeintlich. Denn diesen windgeschützten Ort hat leider der Tourismus entweiht - dennoch: Augen zu und durch... dahinter finden wir einen großen Parkplatz in den Dünen und einen freien Zugang zum breiten, sauberen Sandstrand mit nordseetypisch eiskaltem Wasser (wir sind von Sizilien andere Temperaturen gewöhnt!). Aber was will man Anfang Mai auch anderes erwarten?
"Henne Strand"... zumindest auf dem Bild ein bisschen mediteran

Barfuß-Premiere dieses Jahr

Strandfeeling

... auch barfuß

Da hinten steht er... er ist auch dabei!

Richtung Norden

Richtung Süden... aber das Wasser ist bitterkalt!

Parkplatz in den Dünen von "Henne Strand"

Zünftiges Abendbrot

Die Nacht wollen wir wieder in Deutschland verbringen und machen uns für rund zweihundert Kilometer über E20 und E45 in Richtung Flensburg auf die Reise. Am Ende landen wir im Dunkeln hinter einem Golfplatz nahe Glücksburg. Von dort folgen wir am nächsten Morgen über Flensburg der A7 bis Schleswig, gucken kurz beim Museum Haithabu vorbei und nehmen dann die B76 über Eckernförde bis Kiel.
Morgens um fünf, wenn die Welt noch in Ordnung ist... 

REDSTAR in Glücksburg

REDSTAR in Schleswig


Als wir in Kiel beim Sandmann vor der Haustür stehen, ist der nicht zuhause. Kontaktaufnahme per Handy - er kommt gleich! Eine halbe Stunde später sitzen wir in seinem Wohnzimmer und trinken erstmal `nen Kaffee. Wir lernen seine Lebensgefährtin Tatjana (= "das halbfinnische Fräulein Altona") und seine Tochter Tammi (= "das viertelfinnische Sandmädchen") kennen. Der Kühlschrank steht in seiner alten Garage in Kronsburg. Da holen wir ihn ab, hinterher geht`s mit den "Sandmanns" an den Falckensteiner Strand gegenüber Laboe. Strahlende Sonne, Sandstrand, Kieler Förde, Pommes, Currywurst... kann ein Wochenende im Mai besser verlaufen?
Beim "Sandmann" vor der Haustür

Am Strand gegenüber von Laboe

6 Kommentare:

  1. Ay El,

    das waren in der Tat umtriebige Tage :-) Schön, dass wir uns mal wiedergesehen haben.
    Die Kontraste vom Rot und Blau sind ja wirklich sagenhaft. Sommer steht dem Redstar gut.
    Ich hätte gern noch ein paar mehr Zeilen über eure Gefühle in Dänemark am Ort der Ruhe gelesen bzw. gehört. Das müssen wir bald mal nachholen. Friedhöfe haben auf mich eine ganz besondere Ausstrahlung.
    Bis bald mal wieder. Nun bin ich wohl mal dran mit dem Ergreifen der Initiative...

    Sandmann

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    1. Moin Sandmann,

      unsere Gefühle in Dänemark am Ort der Ruhe (ich denke Du meinst wahrscheinlich Henne Strand) waren sehr zwiegespalten. VOR den Dünen, bei der Einfahrt in den Ort, wären wir beinahe wieder umgekehrt. Das krasse touristische Angebot mit Gedöns jeder Art und reichlich anwesender Menschenmasse stößt uns automatisch ab. Lediglich meine Neugier und der feste Entschluß, an diesem Tag noch irgendwo einen Strand betreten zu wollen, hat mich den REDSTAR durch den Trubel lenken lassen - mit dem Erfolg, dass wir den Parkplatz IN den Dünen erreichten. Dort parkten zu diesem abendlichen Zeitpunkt maximal zwanzig Fahrzeuge. Aus Erfahrung ahnte ich, dass hier im Sommer sicher auch Tausende stehen werden - deren Insassen dann teutonengrillmäßig den Strand belagern. Dann ist es ganz bestimmt vorbei mit dem ruhigen Ort.

      Olivia und ich haben beruflich (in vielfältiger Form) tagtäglich Trubel und Stress zu ertragen - in unserer Freizeit, und erst recht im Urlaub, suchen wir daher WIRKLICHE Ruhepole, gern in menschlicher Abgeschiedenheit am Ende irgendeiner Welt. Ohne Shopping hier, Restaurant da oder Sehenswürdigkeit sonstewo. Einfach nur: Actionamplitude auf NULL. Oftmals reden wir dann nicht mal viel (... während wir das anderenzeits wasserfallartig können).

      Deshalb belastet es uns auch nicht die Bohne, in einem dänischen Hafenkaff die Spur auf der Suche nach einem Soldatengrab aufzunehmen. Olivia`s Opa Heinrich ist 1943 zu Tode gekommen. Das heisst, sie hat nie eine persönliche Beziehung zu ihm aufbauen können, denn sie selbst ist erst Jahre später geboren. Opa Heinrich hat sie höchstens auf vergilbten Schwarzweiss-Bildern mal gezeigt bekommen. Mit dem Grab verbindet sie allemal eine Reise als Drei- oder Vierjährige, bei der sie mit ihren Eltern vom Campingplatz Eckernförde aus ins dänische Esbjerg gefahren ist.

      Aber schön, dass Esbjerg so erreichbar ist - MEIN Opa ist auf der Krim (heute wieder Russland, früher Ukraine) gefallen. Mein Vater wollte da mal hin - es gibt allerdings keinen Soldatenfriedhof, kein Kreuz, keinen eingeschlagenen Namen irgendwo... nicht mal Informationen (bzw. nur unbestätigte, vage), wo man nach seinen Spuren suchen KÖNNTE! Und die Sicherheitslage in dem entsprechenden Gebiet ist zudem noch äußerst fragwürdig - unterm Strich wäre eine Reise in diese Ungewissheit daher wenig zielführend.

      Das nur zur Erklärung von Ruhe... und Friedhöfen (die begrifflich in diesem Zusammenhang ausnahmsweise mal nicht zusammenhängen).

      El

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  2. Dänemark hat auch ganz ruhige Ecken... Stunden an Strand und Dünen mit Hund ohne jemand zu begegnen kein Problem.

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    1. Hi Christoph,

      davon bin ich überzeugt. Nur ist es eben ganz sicher nicht Henne Strand!

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  3. Und zu dem Thema Minen läuft aktuell ein Film im Kino: http://www.unterdemsand.de/
    In Dänemark wird das und ähnliches immer wieder zum Thema auf.
    Auch in unserem Ferienort ist im Museum eine Ecke reserviert.
    Folgendes Buch habe ich gelesen: https://de.wikipedia.org/wiki/Hitlers_Kanarienvogel
    Häufig zu sehen in unserer Feriengegend ist der Atlantikwall. http://www.museumscenterhanstholm.dk/?lang=de
    https://derhonigmannsagt.wordpress.com/2011/05/25/vergessene-kinder-des-krieges/

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    1. Interessant - da sollte man sich eventuell mal einlesen! Danke!

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