Meistens entscheide ich erst ganz zum Schluss, welche Überschrift meine Geschichte erhält. Doch heute will mir einfach nichts richtig Gutes, Passendes einfallen. Denn eigentlich ist es nicht nur eine Story, sondern es sind mehrere, ganz unterschiedliche - und doch irgendwie miteinander verwobene Geschichten.
Zunächst geht es um ein grünes, später um ein blaues Motorrad. Und irgendwie auch um wenig Zeit, wenig Platz aber dann auch wieder um viele (meist alte) Autos. Und um Lust und Passion oder verharztes Super-Benzin. Und dann geht es plötzlich darum, dass Luft keine Balken hat, Wasser allerdings auch nicht - am Grunde eines Flusses aber dann doch. Zwischendurch präsentiere ich meine profane Feststellung, dass Flußwasser stinkt... und wette mit meinen Lesern, dass sie eine unbändige Schadenfreude verspüren werden!
Dann geht`s kurz um ein Wespennest und Völkermord sowie zum Schluss um Abschied und das Ende eines Lebensabschnitts und fast gleichzeitig um einen luftigen Neuanfang. Waaaaahhhaha! Der Wahnsinn greift um sich!
Na? Alles klar? Neugierig geworden? Das alles liest sich, als sei ich tüdelig geworden, stimmt's? In der Schule hätte es für so einen wirren Aufsatz eine schlechte Note gegeben. Aber ich schwöre, es hat sich alles genau so zugetragen.
Der berühmte Affe auf dem Schleifstein
Los geht's! Ehrlich gesagt war ich nie wirklich vom Motorradvirus infiziert! 2005 musste ich den Motorradführerschein machen, denn er ist eine unabdingbare Grundvoraussetzungen für die Fahrlehrerausbildung, die ich damals absolvierte. Im Unterricht ließ man uns Fahrlehreranwärter wissen, dass wir unsere Berufschancen verbessern könnten, wenn wir möglichst schnell viele Erfahrungen beim Motorradfahren sammeln sollten. Genau deshalb erwarb ich also eine Kawasaki Zephyr 750, ein dunkelblaues Naked Bike mit 72 PS aus dem Baujahr 1992.
... sehr gewöhnungsbedürftig
Olivia hingegen ist bereits vor vielen Jahren
auf Motorrädern in die Welt der Mobilität eingestiegen - sie freute sich
über die Anschaffung der Maschine. Wenn wir jedoch zu Zweit auf der Sitzbank
hockten, sah das ziemlich albern aus. Deswegen beschlossen wir gleich, nach
einer zweiten Maschine Ausschau zu halten. Es schien uns ratsam, nach einem
identischen Modell zu suchen. Wir fanden ein grünes Pedant aus dem Baujahr
1993.
Dank der günstigen Versicherungsmöglichkeiten durch Olivia's Job im öffentlichen Dienst, waren diese beiden Motorräder kein wirklich schwerwiegender Kostenfaktor.
Auch als Sozius mit Fliegen am Visier
Und ich
muss auch ehrlich gestehen, dass unsere gemeinsamen Ausfahrten schön waren.
Allerdings waren wir ausgeprägte Schönwetterfahrer. Kaffeetrinken hier,
Eisessen da oder auch mal einen gemütlichen Besuch dort. Wir waren meistens
an Wochenenden und nahezu ausschließlich bei trockenem Wetter, vorzugsweise
Sonnenschein unterwegs.
Like ice in the Sunshine
... alte Zeiten an einer Tanke im Weserbergland
Motorrad-Tour mit Lukas
Als sich jedoch herausstellte, dass Olivia unter Rheuma leidet und obendrein auch noch Arthrose in den Kniegelenken hat, brach ihre Begeisterung für das Motorradfahren verständlicherweise ein. Immer häufiger musste ich allein meine Runden drehen. Doch ich konnte mich nicht für diese einsamen Unternehmungen erwärmen. Auch meine Maschine stand folglich immer häufiger still.
War schon früh auf Motorrädern unterwegs...
... Olivia
Diese langen Standzeiten
quittierten die Maschinen leider mit Problemen. Immer wieder sprangen ihre Motoren
schlecht an (auch, weil sich die Batterien ständig entluden), nahmen
schlecht Gas an, verschluckten sich und hüpften dann wie Kängurus. Unsere
Werkstatt fand heraus, dass der Sprit in den Vergasern aufgrund der langen
Standzeiten verharzt. Dadurch würden die kleinen Kanälchen in den Vergasern
verkleben und die Gemischaufbereitung wäre dann unzureichend. Im Endeffekt
schließe ich daraus, dass mir die Motorradtechnik zu fragil und sensibel ist
- ich hasse derartige Zickereien!
Als ich im letzten Herbst nach fast einem Jahr Standzeit mal wieder einen
verpassten Hauptuntersuchungstermin nachholen wollte, lief die grüne Zephyr
wie ein Sack Nüsse - ich kam nicht mal vernünftig vom Hof! Ziemlich sauer
entschied ich, die Maschine direkt zu verkaufen. Zwei Wochen später ergab
die eBay-Versteigerung einen durchaus vertretbaren Preis - die grüne Zephyr
fährt heute irgendwo bei Aachen.
Känguru verkauft!
Von ihrem Erlös kaufte ich ein
elektrisches Rolltor für unsere angebaute Oldtimergarage. Den Rest investierte
ich in einen Cameracopter - erfüllte mir somit einen lang gehegten,
ersehnten Wunsch, an den ich normalerweise nicht mal ansatzweise geglaubt
hatte. Denn diese fliegenden Cameras sind eigentlich richtig teuer, speziell
dann, wenn sie eine einigermaßen brauchbare Bildqualität liefern können.
Bereits vor zwei Jahren hatte ich einen günstigen Quadrocopter in der
Preisklasse unter 100,- EUR erstanden - mit ihm wollte ich zunächst testen,
inwiefern ich mit so einem Fluggerät zurecht komme.
Also probierte ich das
Gerät im Urlaub auf Sizilien aus: das Fliegen war nicht ganz einfach (die
einfache Drone ist extrem leicht - die kleinste Windböe stört), die
Bildqualität eher bescheiden. Aber es machte großen Spaß! Ich entdeckte eine
ungeheure Freude am Betrachten von Bildern oder Videos aus großer Höhe.
Meine neue Parrot Bebop fliegt und
filmt allerdings in einer ganz anderen Klasse. Um eine optimale Stabilität
ohne Kompromisse bei der Handhabung zu garantieren, führt diese
GPS-gesteuerte Drone eine Fusion der Daten durch, die von den zahlreichen
3-Achsen-Sensoren kommen: Beschleunigungsmesser, Gyroskop, Magnetometer. Ein
Ultraschall-Sensor mit einer Reichweite von 8 m, ein Drucksensor sowie eine
vertikale Kamera messen die Geschwindigkeit am Boden.
Diese Drone ist mit
einem Fotoapparat mit 14 Megapixel ausgerüstet (tropenfest, gegen
Spritzwasser und Staub geschützt), der ein "Fisheye” - Objektiv hat und
Fotos und Videos in einem Umkreis von 180° (waagerechte Linien werden dabei
nicht verzerrt, kein Krümmungseffekt beim Horizont) in Full-HD-Qualität
machen kann. Außerdem ist sie mit einer vollständig digitalen
Bildstabilisierungstechnologie ausgerüstet, sodass man im Flug filmen kann,
ganz gleich, welche Bewegungen der Quadrocopter auch ausführt. Gesteuert
wird dieses Gerät bis zu einer maximalen Entfernung von 2 Kilometern über
einen Skycontroller, eine Fernbedienung durch eigenes WLAN und per
Tablet-App. Mit diesem Programm ist es mir sogar möglich, kleine Flugrouten
(Flugrichtung, -geschwindigkeit, höhe) zu planen und abfliegen zu lassen.
Doch auch mit so einem
Hightech-Flieger kann man Fehler machen. Im Winter wollte ich die
verschneite Landschaft um unser Haus herum aus einiger Höhe filmen. Als die
Drone aus dem windgeschützten Bereich unseres Wendehammers nach Flugplan
über die Dächer empor stieg, bemerkte ich zu spät, dass dort oben eine
steife Brise wehte. Die Drone wurde weit abgetrieben. Über das GPS gibt es
die Möglichkeit, die Drone auf direktem Weg zu ihrem Ausgangspunkt zurück zu
befehlen. Doch gegen den Wind kam sie nicht an und stürzte schließlich ab...
außerhalb meiner Sichtweite hinter Häusern - in den frisch gefallenen tiefen
Schnee. Das war zumindest auf dem Bild, das die Camera noch lieferte, zu
erkennen. Doch wo genau steckte sie? Die Landschaft war schließlich
einheitlich weiß! Dieser Tag endete leider mit einem Verlust.
Am nächsten
Tag suchte ich das immer noch tief verschneite potentielle Absturzgebiet
systematisch über zwei Stunden lang ab. Auch die eigentlich eher
unwahrscheinlichen Randgebiete brachten keinerlei Suchergebebnis. Ich
tröstete mich schließlich mit der letzten Möglichkeit, die knallrote Drone
nach Tauwetter vielleicht doch noch zu finden. Gesenkten Hauptes schlurfte
ich durch den inzwischen pappigen Schnee der Pferdekoppel direkt hinter
unserem Haus - und da fand ich sie plötzlich, kopfüber im Schnee steckend. Nochmal Glück gehabt!
Schräglage wegen extremen Seitenwinds... anschließender Absturz auf die Pferdeweide in der Mitte
Glück habe ich aber leider nicht
immer. So auch an jenem heissen Samstag Anfang Juni. Ich hatte für einen
geplanten Film über meinen Wohnort Drebber ein paar Rundflüge über typischen
Locations programmiert. Die ersten Einstellungen sollten am Hoopener
Stauwehr der Hunte (Fluß durch unser Dorf) aufgenommen werden.
Die Drone
startete wie geplant, drehte ihre Runde, zunächst über den Fluß,
anschließend über einen Wald und kehrte dann zu mir zurück zum Ufer des
Flusses. Dort ging jedoch die Funkverbindung zur Steuerung verloren (es gab
bereits Tage zuvor diverse Schwierigkeiten, die ich mit Hilfe des
Parrot-Supports behoben glaubte). Die Drone reagierte nicht mehr auf die
Befehle meines Skycontrollers, landete schließlich im Wasser und ging
augenblicklich unter.
Laut fluchend versuchte ich den Punkt des Untergangs
nicht aus den Augen zu verlieren, entledigte mich paralell des technischen
Equipments und (bis auf die Unterhose) auch meiner Klamotten. Dann kletterte
ich flink in die Hunte, nicht ahnend, dass der trübe Fluß hinter dem Wehr
glücklicherweise nur etwa 1,50m tief ist... und wenigstens nicht kalt...
aber leider mit etwas Strömung. Deshalb auch wahrscheinlich am Grund nicht
modrig und schlickig, auch nicht bewachsen. Ich spürte mit den
herumtastenden Füßen nur ein paar alte Äste oder Weidepfähle und Steine auf,
suchte ein Gebiet deutlich flussabwärts der Absturzstelle ab... dann
schließlich immer weiter flußaufwärts. Aber es war aussichtslos, ich fand
nichts. Nachdem ich die komplette Suchaktion im Wasser ergebnislos
wiederholt hatte, suchte ich meine Sachen zusammen, blickte ein letztes Mal
zurück auf den Fluß und zog niedergeschlagen von dannen. Das Huntewasser
stank muffig auf der Haut... SCHEI***! Ich hatte soeben 350,- EUR versenkt! *Schluck*
Der Huntestau in Hoopen
Meine neue Badestelle :-(
So etwa war die Flugroute: grün = so war es geplant, rot = da machte sich die Drone selbstständig
Mal ehrlich - geht man in solchem Wasser freiwillig baden?
Olivia bemerkte gleich, dass ich
stinksauer war. Doch sie konnte sich schadenfrohe Sticheleien nicht verkneifen. Zu gern
hätte sie gesehen (oder sogar gefilmt), wie ich da in der trüben Jauche nach
meiner versenkten Drone angelte. Ihrer Aussage "warum lässt du die Drone da
auch über dem Wasser fliegen!" begegnete ich entnervt mit dem Spruch "tja,
dann hätte ich sie am besten immer nur maximal 2m über dem Asphalt fliegen
lassen dürfen!" Wenn man Angst vor dem Leben hat, sollte man morgens gar
nicht erst das Bett verlassen.
Und Du, lieber Leser, solltest Dir auch jeglichen Kommentar verkneifen... es
ist eben extrem SCHEI*** gelaufen, das weiß ich auch! Kannst Du Dir
vielleicht auch nur ansatzweise vorstellen, welche Überwindung es mich kostet, von diesem Missgeschick auch noch hier, in aller Öffentlichkeit, zu
erzählen? Aber wie lautet doch noch eines meiner Mottos: Du kannst im Leben oft
auf die Schnauze fallen. Aber du bist kein Verlierer, solange du versuchst,
wieder aufzustehen.
Längst Legende: die letzte Fahrt mit der grünen Zephyr
Deshalb kommen wir nun wieder zurück zum ersten Teil dieser
Geschichte. Der Teil, in dem es um unsere Motorräder ging - denn sicher
hattest Du Dich schon ganz verdutzt gefragt, was das Eine mit dem Anderen zu
tun haben könnte, richtig?
Also: der versenkten Drone hatte ich damals im Neuzustand den Namen "Flying Zephyr" gegeben. Nachträglich hätte ich sie vielleicht besser "Diving Zephyr" nennen sollen (das nennt man wohl Galgenhumor - ein Mal Lachen für 350,- EUR bitte!).
Da das eigenwillige Ding ja nun also auf
Nimmerwiedersehen langsam Richtung Weser und somit Richtung Nordsee
schippert, verwerfe ich zukünftig besser das Vorhaben einer beziehungsvollen
Namensgebung für eine Drone. Denn das scheint ja wohl ein schlechtes Ohmen
zu sein, oder?
***CUT***
Noch ein Mal so richtig um die Kurve bügeln. Aber ich fühlte mich nie als typischen Biker!
Seit nunmehr zwei Jahren abgemeldet
dämmert die zweite Kawasaki Zephyr 750 unter unserem Carport ihrer
ungewissen Zukunft engegen. 2013 hätte sie zur HU gemusst, seit 2011 ist sie
schon nicht mehr artgerecht bewegt worden. Ein Finanzfachmann spräche in diesem Fall auch
von gebundenem Kapital. Einem Besucher fiele die Vielzahl unserer gehorteten
Mobilitätshilfen auf. Wir haben reichlich Automobiles auf dem Hof, meines
Erachtens durchweg Gerätschaft, die es wert ist, Zeit damit zu verbringen.
Zeit, die mir zum Moppedfahr'n zudem immer mehr gefehlt hat. Kurz: der
Verkauf der blauen Zephyr bringt neue Perspektiven in vielerlei Sicht. Also
- wech damit!
Die zweite Zephyr: auf Hochglanz poliert
Völkermord mit Nitrodämpfen
Sorry, ich brauchte die Maschine
Als ich die Maschine zur Verkaufsvorbereitung
von einem Abdecklaken befreie, entdecke ich ein kleines Wespennest am
Lenker... auch das noch! Da muss ich mich wohl auch noch des Völkermords
schuldig machen. Letztendlich waren es dann tatsächlich nur zehn kleine
Wespen plus Königin.
Einen ganzen Tag lang mühe ich mich mit dem Säubern der
Zephyr ab. Tatsächlich sieht sie zuletzt wieder richtig ansehnlich aus.
Aber die Batterie streikt, obwohl das Batterieladegerät schon seit einer Woche alles gegeben hat! Nachdem eine zu Hilfe geholte Autobatterie Kraft spendet, lässt sich auch der Motor wiederbeleben. Doch auch hier zeigen sich die bekannten Symptome durch verharzten Sprit - wird echt Zeit, dass der Hobel weg kommt!
Zehn Tage später erreicht das
eBay-Angebot tatsächlich meinen gewünschten Mindestpreis - weitere zwei Tage
danach wird die Maschine abgeholt. Sie fährt dann wohl bald im Taunus (dem
Mittelgebirge, nicht dem gleichnamigen Young- und Oldtimer von FORD!).
Abholung der letzten Maschine
... auf ein Neues!
Und auch wieder in Rot... damit ich mein Missgeschick nicht
Jedem erklären muss!
Und nun braucht der geneigte Leser sicherlich
wohl kaum lange zu raten, was jetzt von einem Teil des Erlöses bereits
bestellt wurde?
Und gern nochmal: das Fluggerät wird ganz sicher nicht "Flying Zephyr 2"
heissen.
Mein zukünftiges Flugverhalten werde ich allerdings wohl optimieren müssen.
Der Film über Drebber wird aber trotzdem entstehen!
Wobei: Bockhorn ist gar nicht so das Einsatzgebiet für eine Drone... was kann man da schon aus der Luft sehen? Viele Autos, viele Marktstände und viele Menschen. Das hat für mich ehrlich gesagt wenig Reiz.
Aber wenn Du es denn wünscht, nehme ich sie nächstes Jahr mal mit.
ich habe mich schon gewundert, dass du die "Flying Zephyr" nicht nach Bockhorn mitgenommen hast?! Jetzt weis ich auch warum....
AntwortenLöschenGruß as WW
petrod
Wobei: Bockhorn ist gar nicht so das Einsatzgebiet für eine Drone... was kann man da schon aus der Luft sehen? Viele Autos, viele Marktstände und viele Menschen. Das hat für mich ehrlich gesagt wenig Reiz.
LöschenAber wenn Du es denn wünscht, nehme ich sie nächstes Jahr mal mit.
Gruß