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Montag, 2. Juni 2014

Roadkäppchen

1987er POLO FOX Coupé in respektablem Zustand
Natürlich unterliegen auch Automobile bestimmten Modetrends.

Für die zweite Modellreihe des beliebten Volkswagen Polo, mit der Typbezeichnung 86C, gab es Ende der 1980er Jahre, genau 1987, ein auf Sportlichkeit ausgelegtes Coupé. Dessen Basisausführung stellte das ehemalige Sondermodell FOX dar.
Unverkennbar: kleiner Bruder vom Golf 2

Tornadoroter Fuchs

Für damals etwa 17.000,- DM verfügt der FOX -ganz Coupé- über zwei Türen und -typisch Polo- über eine schräge Heckklappe. Als sportliche Reminiszenz ist ihm ein kleiner schwarzer Kunststoffspoiler an die hintere Dachkante gegeben. Alle Kanten der Radläufe, der Schwellerbereiche sowie der Front- und Heckschürze sind mit schwarzem Kunststoff vor Steinschlag geschützt. Beidseits an den hinteren Seitenteilen und an der Heckklappe sind farblich abgestimmte Fox-Folienschriftzüge angebracht.

Man nimmt in weich gepolsterten, gesteppten Sitzen Platz, vorne mit in der Höhe verstellbaren Kopfstützen. Der Boden und auch das Gepäckabteil sind mit schwarzem Teppichvlies ausgeschlagen. Gelenkt wird mit einem Dreispeichenlenkrad, das Kombiinstrument verfügt über einen Tacho, der bis 200 km/h geht (!!!), einen fünfstelligen Kilometerzähler, eine Tankuhr und eine Kühlmitteltemperaturanzeige. Bei diesen Baujahren sollte man vielleicht noch erwähnen, dass die Scheinwerfer nicht mit schwachen Bilux-Funzeln, sondern mit (damals modernen) H4-Brennern ausgestattet sind.
45 PS unter der Haube
Doch was damals ganz sicher für viele Menschen der erste Schritt in die ersehnte Mobilität bedeutete, ringt heute ambitionierten Einsteigern allenfalls ein gelangweiltes Gähnen ab. Denn der quer unter der Motorhaube werkelnde 45 PS-Ottomotor mit knapp mehr als einem Liter Hubraum und Vierganggetriebe verhilft dem 750 Kilo-Leichtgewicht gerade mal zu einem maximalen Geschwindigkeiterlebnis von 140 km/h. Ein Fahranfänger von Welt erwartet heute wenigstens 100 PS - so haben sich die Bedürfnisse halt in fast drei Jahrzehnten verändert!
Bequeme Sitze
H4-Scheinwerfer
Diese Radkappen gaben unserem Polo seinen Namen: ROADKÄPPCHEN

Schlicht und einfach... und zugleich die fotografische Dokumentation des Kilometerstandes: 17.166 Kilometer (und nachweislich auch noch eine "1" davor!)
Es gibt zudem noch weitere Ausstattungsmerkmale, die einen trendbewussten Autofahrer krampfhaft nach hipperen Alternativen schielen lässt: der Außenfarbe Tornadorot würde er Schwarz oder Weiss, höchstens noch Silber vorziehen. Und Plastikradzierblenden in eben genau diesem Tornadorot... gehen ja überhaupt nicht! Gibt's da keine Alufelgen? Und was sind denn das für Asphalttrennscheiben, auf denen das Autochen steht? 145er? Peinlich!!! Heute fährt selbst ein Feld-, Wald- und Wiesen-Dacia serienmäßig auf 185mm breiten Reifen...
Klimaanlage: Geht's noch? Mach's Fenster auf!
Elektrische Fensterheber: Zu faul zum Kurbeln, wa?
ABS, ESP, etc.: Hä?
Airbag: Fahr einfach vorsichtig und vorausschauend! Denn so ein Auto ist eigentlich nicht für einen Crash vorgesehen!

Und ich lege gern noch etwas nach: der FOX hat hinten keine Kopfstützen, aber immerhin drei Gurte. Die Gepäckraumabdeckung ist lediglich ein aufgespanntes graues Tuch. Und ein Zeiteisen sucht man zwischen den Anzeigen im Kombiinstrument auch vergebens - dieses Auto ist halt zeitlos. So!
Schlicht ausgedrückt: so ein VW Polo Coupé FOX von 1987 ist eigentlich ein ziemlich puristisches Auto.

Der aufmerksame Leser wird es jedoch längst ahnen... warum erzähle ich denn hier wohl über diesen Kleinwagen aus Castello Lupo (italienisch für Wolfsburg)? Richtig - ich fahre jetzt genau so einen! Warum?
Ein gespanntes Tuch als Gepäckraumabdeckung

Einsteigen - losfahren... was braucht man mehr?
Hm... also, das war so:

eigentlich hatte sich Marcel, mein Stiefsohn, den Polo mit (typisch) verwittertem Lack im März vor einem Jahr gekauft. Dieser Kauf war damals eigentlich kein Risiko, denn das Wägelchen musste sich grundehrlich präsentieren.

Die Geschichte seines Schicksals war nämlich authentisch: bei seinem ersten Besitzer war er acht Jahre im Dienst. Danach fuhr ihn eine alte Dame... genau genommen stand der Polo bei ihr hauptsächlich in der trockenen Garage herum. Danach übernahm ihn ihr Sohn, der das Fahrzeug schließlich nach einem Jahr wiederum an seinen Sohn weitergab.

Dieser vermisste allerdings als jugendlicher Fahranfänger an dem kleinen Polo hauptsächlich eines: Kraft, Power, Abzug, Dampf...! Seine Ungeduld sorgte daher auch schon recht bald für einen kapitalen Motorschaden. Als unerfahrener Neuling erkannte er leider die durchgebrannte Zylinderkopfdichtung zu spät. Das glich fast einem Todesurteil. Beinahe hätte der kleine Polo ganz ausgelitten.
So erstand Marcel ihn für 150,- EUR. Wir lieferten den Havaristen samt einem passenden Ersatzmotörchen (70,- EUR bei eBay) in einer Werkstatt ab... wo er erstmal ein Jahr in einer trockenen Ecke auf seine Wiederbelebung durch Herz- sprich Motortransplantation wartete. Für diesen operativen Eingriff flossen 320,- EUR. Nun steht er seitdem erneut trocken unter dem Carport vor unserer Haustür. Dort parkt allerdings auch Marcel's Audi Coupé - auf das er sich zukünftig eigentlich konzentrieren möchte.

Offener Blick nach vorn - können solche Augen lügen?
Ich hingegen würde zukünftig meinen Audi A2 gern ein bisschen entlassen - seine jährliche Kilometerleistung verringern, ihm die täglichen zwölf Kilometer zur Arbeit und wieder zurück ersparen. Meine Gemahlin schlug also vor, den Polo über den Sommer und den Audi über den Winter für die Fahrten zur Arbeit zu nutzen.

Nach etwas Überlegung konnte ich mich mit diesem Gedanken nun durchaus anfreunden. Als ich schließlich am Vatertag probeweise das verblichene Polodach aufpolierte... und dabei wieder ein wirklich tadelloses Tornadorot zum Vorschein kam, packte mich der Ehrgeiz.
Bereits am Abend erstrahlte das komplette Fahrzeug in leuchtendem Rot. Auch ein paar kleine Roststellen konnte ich ausbessern - aber man merkt diesem Polo sehr genau an, dass er in seiner 27-jährigen Dienstzeit meistens in gut geschützten Garagen gestanden haben muss. Er leidet jedenfalls keinesfalls an Durchrostungen - Respekt!

So aufgearbeitet macht der Wagen einen wirklich fitten Eindruck. Auch der Motor läuft gut. Vor fast dreizehn Jahren hatte man das Fahrzeug übrigens mit einem geregelten Katalysator nachgerüstet. Da der kleine Motor über einen Vergaser beatmet wird, regelt eine Elektronik die Abgaswerte über die Luftzufuhr. Das dürfte der Umwelt und meinem Portemonaie gefallen. Jetzt fehlt nur noch eine bestandene Hauptuntersuchung und die dann folgende Anmeldung mit Kennzeichen etc.

Aber dem sehe ich ziemlich gelassen entgegen.

2 Kommentare:

  1. Anonym2.6.14

    Sehr schickes Auto, El. Ich bin gespannt, wie das einfache Wägelchen sich im Alltag bewegt, einen richtigen Alltagsklassiker hast du ja nun. Aber was soll an dem Auto schon kaputt gehen? Viel ist ja nicht dran.
    Ich finde es gut, dass so ein Auto von euch für die Nachwelt gesichert wird. Irgendwann gibt es nur noch G40 oder GTs.

    Für's Studium wollte ich mir ja auch einen einfachen VW zulegen. Meine Gedanken gehen in Richtung Golf II Diesel oder Passat 32b Diesel. Dann aber mit H-Kennzeichen, weil die Steuern ja recht happig sind. Aber mal schauen, hat ja noch Zeit ;-).

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  2. Ay El,

    oooaaaaahhhhh krass. Besonders die Sitze. Ein kleiner Traum :-)
    Meine große Schwester hatte den damals als weißen Neuwagen, das war eins der ersten Autos, die ich illegal durch den öffentlichen Straßenverkehr bewegt habe.
    Ich mag den.....

    Sandmann

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