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Montag, 26. September 2016

Meine DJ-Biografie - Kapitel 23: DJ-FIEBER











Glückshormone wie Dopamin, Serotonin, Noradrenalin, Endorphine, Oxytocin und Phenethylamin rufen Wohlbefinden oder Glücksgefühle durch stimulierende oder entspannende Wirkung hervor. Diese Wirkung ist mit der von Rauschgiften vergleichbar… so schreibt es das Internetlexikon Wikipedia.
Natürlich gibt es für jeden Menschen unglaublich viele Möglichkeiten, diese körpereigenen Drogen zum Einsatz zu bringen. Ich glaube, sie oftmals während und nach meinen DJ-Auftritten mit der SOUNDBOX deutlich gespürt zu haben.

Logischerweise war ich vor jeder Veranstaltung ziemlich angespannt. Die Tatsache, dass ich die vorherigen Feiern gemeistert hatte, war nämlich kaum Garantie dafür, dass auch die nächsten Partys gelingen würden. Zu Deutsch: keine Feier ist/war wie die anderen. Jede gute Stimmung auf einer Feier musste ich neu und oftmals mühsam erarbeiten. Eine Gesellschaft, die bei der ersten Party ausgelassen abfeierte, musste nicht notgedrungen beim nächsten Mal auch wieder so prima abgehen. Als DJ stand ich also jedes Mal wieder vor dem Nichts – aber der Gastgeber und Auftraggeber erwartete natürlich einen Feierverlauf formvollendeter Glückseligkeit. Ein ordentlicher Erwartungsdruck, der da jedes Mal auf mir lastete! Aber genau DAS war letztendlich fünfundzwanzig Jahre lang mein Auftrag!

Ich bin ehrlich – ein winziges Flämmchen Zweifel brannte immer in mir. Nie war ich mir meiner Sache wirklich hundertprozentig sicher. Vielleicht hätte mich eine unerschütterliche Selbstsicherheit unvorsichtig werden lassen, vielleicht auch arrogant oder überheblich. Ständig habe ich mein Schaffen mehr oder weniger kritisch betrachtet und gewissermaßen überwacht. Der Kopf arbeitete stets auf Hochtouren – das könnte übrigens auch der Grund dafür sein, warum mir immer, egal bei welchen Temperaturen, der Schweiß auf der Stirn stand.

Gut, ein derart verbissenes Arbeiten mag auch mal auf Kosten der Spontaneität gegangen sein. Trotzdem war das Ergebnis wohl nie wirklich schlecht… immerhin funktionierte dieses System ja schließlich auch fünfundzwanzig Jahre lang bestens.


Ab einem gewissen Zeitpunkt jeder Feier wurde mir immer klar, ob ich diese Gesellschaft in den Griff bekommen würde, oder nicht – ja, denn auch das hat es natürlich gegeben! Wenn die Gäste beispielsweise „nur zum Saufen“ kamen, hatte kein DJ der Welt die Chance auf  Erfolg auf der Tanzfläche.

Es gab Partys, da brauchte ich mich nicht mal per Intro vorstellen, war als Person oder DJ vollkommen uninteressant. Mein Opening wäre gänzlich unbeachtet geblieben. So war ich dann zwar anwesend, habe mich aber mit der SOUNDBOX im Hintergrund gehalten – einen finanziellen Ausgleich gab’s natürlich trotzdem. Es hat nur leider halt überhaupt keinen Spaß gemacht.

Oft genug sind solche Feiern dann extrem später doch noch richtig "abgegangen" – da musste nämlich vorher für den passenden Alkoholpegel gesorgt werden. Das waren dann sogenannte „Alte Diesel-Partys“ – mit besonders langer Vorglühzeit. Nach sechs Stunden Langeweile (für mich) starteten die sternhagelvollen Gäste dann erst richtig bis in die Morgendämmerung durch – das brachte somit letztendlich und glücklicherweise zum Ausgleich für mich zwar richtig Geld. Trotzdem waren mir die „normalen“ Feiern, bei denen die Stimmung schon vom Start weg top war, wesentlich lieber – sie machten einfach viel mehr Spaß. Auch wenn sie um Einiges früher zu Ende waren und daher finanziell weniger einbrachten.

An dieser Stelle hoffe ich übrigens auf diejenigen Kunden unter den Lesern, die immer behaupteten, „so ein DJ hat doch ein feines Leben. Kriegt immer satt zu Essen und zu Trinken, legt einfach nur ein paar Platten auf und kassiert hinterher ordentlich ab!“ Als ich dann später nur noch mit mp3-Dateien arbeitete und daher für den Betrachter nur noch ein Computer, eine Tastatur, eine Maus und ein TFT-Monitor zu sehen waren, schien der DJ natürlich gänzlich überflüssig – „das Musikprogramm stellt ja der Computer zusammen!“ Komischerweise wollte aber nie jemand hinter die Anlage und das Mikrofon treten, wenn ich im Falle einer solch neidischen Bemerkung einfach mal großzügig anbot, für die nächste viertel Stunde meinen Job zu übernehmen.

Natürlich ist mir der kleine Moment des Jammerns in den letzten Absätzen wieder bewusst. Aber das soll nicht bedeuten, dass es ein DJ schwer hat. Ich habe immer gesagt, „dass ich gern mit der SOUNDBOX unterwegs bin – sollte es mir irgendwann keinen Spaß mehr machen, höre ich damit auf“. Letztendlich ist es ja auch genauso gekommen.

Bis dahin machten mich meine Erfolge jedoch glücklich. Nach jeder gelungenen Feier spürte ich Zufriedenheit. Durch die SOUNDBOX war ich vielen Menschen bekannt geworden. Viele gaben mir auch Jahre später noch das besondere Gefühl, dass ich sie mit meiner Musik auf ihrer Feier ausgezeichnet unterhalten hatte. Oftmals hoben sie mich deshalb auf das Niveau einer Berühmtheit, denn sie ließen mich spüren, dass ich ein kleiner Star war – ein ungewöhnliches aber nicht gerade unangenehmes Gefühl für einen vom Erfolg nicht gerade verwöhnten Menschen wie mich.

Dennoch habe ich immer versucht, Starallüren zu vermeiden. Ich halte nichts davon, mich durch Eitelkeiten, Launen oder Affektiertheit von meinen Mitmenschen zu unterscheiden. Noch heute laufen mir die Gäste von damals über den Weg. Noch immer wissen die Meisten, wem sie da begegnen – oftmals im Gegensatz zu mir. Sorry, Leute! Mein Erinnerungsvermögen ist überstrapaziert - ich meine es aber wirklich nie böse!

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