Sonntag, 26. April 2015

Meine DJ-Biografie - Kapitel 6: NUR DIE HARTEN KOMMEN IN DEN GARTEN…





Nebenbei war ich natürlich weiterhin mit meiner SOUNDBOX unterwegs. Und die Aufträge gestalteten sich ziemlich schnell nach dem Motto „Ordentlich oder gar nicht!“ oder „Nicht kleckern sondern klotzen!“ 

Der Veranstalter in der folgenden Geschichte kündigte jedenfalls telefonisch seinen Besuch bei mir zuhause an – was an sich schon außergewöhnlich war. Vorsorglich wollte er mich vorab persönlich kennenlernen. Sein Anliegen ließ dann mein Herz schlagartig höher schlagen: für ein internationales Honda-Goldwing-Treffen wollte er mich als DJ.

Ich dachte, mich für diese Riesenparty auf dem Stadionsportplatz unserer Kreisstadt besonders rüsten zu müssen. Das gigantische-Schützenfestzelt ließ sich ganz sicher nicht mit meiner viel zu kleinen Anlage beschallen – also musste eine entsprechende PA-Anlage gemietet werden. Zusätzlich sorgte ich für eine professionelle Lichtanlage.

Eine besondere Herausforderung bestand natürlich auch in dem zu erwartenden Musikgeschmack der Zielgruppe, die sich im Übrigen aus bis zu 1.300 Bikern zusammensetzen sollte. Es stellte sich mir daher logischerweise die Frage, nach welcher Musik diese harten Leder- und Kettenfreaks so richtig abgehen. Als DJ, der zumeist Menschen auf Familienfeiern zum Schwofen brachte, musste ich wohl unbedingt mein Repertoire dementsprechend erweitern.

Schon Wochen vor dem großen Event hockte ich also unermüdlich an Tresen diverser Plattenläden und filterte potentielle Biker-Sounds aus dem meist umfangreichen Angebot. Irgendwann schien mir die gefundene Auswahl auszureichen, so sollte ich für die bevorstehende Party gewappnet zu sein.

... nur ein Spaß zum Thema Goldwing von Günter dem Treckerfahrer 

Am großen Tag des Goldwing-Treffens baute ich die PA- und Lichtanlage in dem wirklich beeindruckend riesigen Zelt auf der Bühne auf und führte einen erfolgreichen Soundcheck durch.

Während drinnen anschließend neutrale Hintergrundmusik lief, wimmelte es draußen nur so vor chromblitzenden und dumpf grummelnden Motorrädern, viele mit fetten Beiwagen. Das Gelände um das Feierzelt glich einem riesigen Zeltplatz – und überall coole Typen in rustikalen Lederklamotten mit zumeist verchromten Kettenapplikationen.
So langsam füllte sich das Partyzelt und der Platz vor der langen Biertheke. Ich fühlte etwas Anspannung aufkommen. Nach ungefähr eineinhalb Stunden hatten sich schließlich sämtliche harte Bike-Camper auf der Tanzfläche eingefunden und mein Auftraggeber eröffnete die Veranstaltung.

Nach dem üblichen Opening wollte ich nun also die Menge mit den frisch erworbenen Biker-Hits auf den hölzernen Dancefloor holen. Doch nach „Born to be wild“ oder „Sweet home Alabama“ rührte sich rein gar nichts – nicht mal ein verstohlenes Tippen mit irgendeinem Fuß! Die Biker hielten sich stattdessen krampfhaft an ihren Biergläsern und der Theke fest. Es war zum Haare raufen. Die Mission schien schon vom Start weg als gescheitert.

Also musste schleunigst eine Strategie her… nur welche? Als DJ nur einen hilflosen Eindruck abzugeben reichte jedenfalls wohl kaum – ich überlegte angestrengt, was zu tun sei. Zunächst fiel mein Blick dabei immer wieder auf die Gäste und es mir dann schließlich wie Schuppen von den Augen: na klar - der typische Eigner einer Honda Goldwing ist kein Halbwüchsiger, der sich sein Motorrad-Hobby mühsam vom Mund absparen muss. Nein, beim genauen Hinsehen fiel mir nämlich auf, dass das durchschnittliche Partyklientel dieser Gesellschaft meist gutbetuchte Fünfzigjährige waren – eine gepflegte Goldwing kostet schließlich immerhin locker den Preis eines Mittelklassewagens.

Flesh for fantasy
Womit pflegte ich also gutbetuchte Fünfzigjährige anlässlich anderer Feiern für gewöhnlich auf die Tanzfläche zu locken? ... Genau!!! ...und tatsächlich: keine Minute später drehten sich die ersten lederbekleideten Pärchen nach deutschen Schlagern wie „Die rote Sonne von Barbados“ und „Ibiza“ auf dem Parkett. So retteten „Die Flippers“ und „Ibo“ glücklicherweise diese Bikerfete. Im weiteren Verlauf benötigte ich lediglich in einer einzigen Tanzrunde einige meiner reichhaltig eingekauften Tonträger, deren Anschaffung hätte ich mir also - so gesehen - sparen können.

Und diese Feier dauerte bis in die späte Nacht. Gäste und Gastgeber zeigten sich im Anschluss hochzufrieden. So zufrieden, dass ich sogar als DJ für die Tanzveranstaltung nach der Jahreshauptversammlung des Internationalen Honda-Goldwing-Clubs engagiert wurde.

Demzufolge reiste ich mit meiner SOUNDBOX noch im gleichen Jahr zur Wewelsburg in die Nähe von Paderborn. Hinter meterdicken Burgmauern tanzten die Biker ein weiteres Mal nach ... – na, was wohl?

"♫♪♪♫♪
(...)
Wenn weiße Rosen blüh'n, 
und ich nicht bei dir bin,
dann träum' ich noch heute von dir.
Die rote Sonne von Barbados,
ja dieses Märchen läßt mich nicht los.
Und wird die Zeit auch zu Ende geh'n,
es war so schön.
"
♫♪♪♫♪

(... die letzten Zeilen von "Die rote Sonne von Barbados" von den Flippers, Mai 1986)

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