HH und ich beschlossen auf der Rückfahrt nach dieser Feier eine zukünftige Zusammenarbeit. Er versprach, mir eine PA-Anlage zusammenzustellen. Da ich diese Anlage jedoch als Student nicht direkt bezahlen konnte, vereinbarten wir eine Art Leasing: mit jedem Musiktermin zahlte ich ihm also eine Leihgebühr, ein weiterer Anteil ging in die Bezahlung der Anlage. Solange das Equipment jedoch noch nicht endgültig bezahlt war, sollte es in seiner Garage gelagert werden – später sollte ich dann frei darüber verfügen können. |
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Wenige Wochen später rief mich HH an und informierte mich über meinen ersten Auftritt. Ein Fußballverein veranstaltete ein Kohlessen mit anschließendem Tanz. Mein erster Einsatz! Mit jedem Tag, den diese Feier näher rückte, wurde mir etwas flauer im Magen. |
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Ordnungsgemäß meldete ich in den nächsten Tagen die Gründung meines „Betriebes“ mit der Beschreibung „Musikbeschallung mit Schallplatten, mobil. Mobiler Discjockey“ im Rathaus unserer Samtgemeinde an, denn ich hatte zuvor von diversen Fällen gehört, bei denen das Finanzamt empfindliche Strafen gegen nicht ordnungsgemäß gemeldete mobile Discotheken verhängt hatte – das sollte mir nicht passieren.
HH bemühte sich derweil um meine PA. Er ließ extra von einem Tischler ein Gehäuse für zwei Turntables herstellen und stattete dieses mit zwei neuen, robusten Lenco-Plattenspielern aus.
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Die Lautsprecheranlage bestand aus gebrauchten Grundig - Aktivboxen die immerhin mit einer Maximalleistung von 150 Watt je Box angegeben waren. Aktivboxen zeichnen sich besonders durch ihre Kompaktheit aus. Für ihren Betrieb benötigt man keinen separaten Verstärker, auch Endstufe genannt, denn jeder dieser Lautsprecher ist bereits an seiner Rückseite mit einer eigenen Endstufe ausgestattet. Für den Fall, dass es etwas mehr Beschallung bedurfte, weil beispielsweise der Saal oder die Menschenmenge etwas größer ausfiel, standen mir zwei weitere, etwas größere, ebenfalls gebrauchte Grundig - Aktivboxen mit jeweils 180 Watt zur Verfügung. Die kleineren Lautsprecher wurden auf stabile Stative gesetzt, die größeren dienten als Standboxen, blieben also auf dem Boden – sie waren eh viel zu schwer um sie allein auf die Stative heben zu können.
Es fehlte nur noch ein Mischpult. In HH's Fundus fand sich ein Vierkanal-Gerät von Monacor. Für den Anfang sollte das reichen. Auch mit einem Mikrofon konnte er mir aushelfen.
Nun musste meine Schallplattensammlung transportfähig gemacht werden. Die kleinen Vinyl-Singles passten hervorragend in Werkstatt-Teile-Boxen aus farbigem Kunststoff, wie ich sie auch bei HH gesehen hatte. Für die großen Maxi-Singles und LPs waren stabile Kunststoff-Curver-Boxen ideal. Meine gesamte Sammlung sortierte ich schließlich nach Genres: aktuelle englische Charthits, deutsche Schlager, Volkstümliche Musik, Walzer, Oldies... eben alles, was auf einer Feier voraussichtlich gehört werden könnte.
Jede einzelne Schallplatte bekam ihren ureigenen Platz. Sehr bald konnte ich mit dieser Sammlung nahezu im Dunkeln oder blind arbeiten. Dabei ortete ich die gesuchten Scheiben mit einer Treffsicherheit von etwa drei Platten in der jeweiligen Plattenkiste. Letztendlich hatten meine Plattenkisten natürlich ein unglaubliches Gewicht. Zu meinem ersten Auftritt hatte ich sechs Single- und vier Maxi- und LP-Kisten dabei. Und ich schaffte es tatsächlich, das komplette Equipment, also Boxen plus Stative, Mischpult, Turntables, Kassettendeck und die Musik-Kisten, in einem Renault R4 zu verstauen.
Lange beschäftigte mich die Frage, unter welchem Namen ich auftreten sollte. Da meine Anlage recht kompakte Maße hatte, entschied ich mich für „SOUNDBOX“. Erst viele Jahre später fiel mir auf, dass ich mich mit diesem Namen förmlich hinter meiner Anlage versteckte. Vielleicht wäre „DJ El Gigante“ die bessere Wahl gewesen – doch die Wortschöpfung „El Gigante“ begegnete mir erst einige Jahre später. Zu spät! Zu jenem Zeitpunkt hatte sich die SOUNDBOX längst etabliert... und: „Never change a running team!“
HH's dynamisches Opening weckte damals in mir den Ehrgeiz, eine ähnliche Ansprache zu verfassen. Wobei mir das Wort „Ansprache“ erheblich zu viel Biederkeit beinhaltete – zu viel „Wort zum Sonntag“. Es sollte natürlich eher etwas Fetziges, Lustiges und Auflockerndes sein. Etwas, dass meinen ersten Schritt in Richtung Publikum erleichtern und dem Publikum „keine Angst vor dem DJ“ signalisieren sollte. Andererseits wollte ich HH's Opening nicht einfach nur dreist kopieren. So überlegte ich, was genau das Besondere an seinem Einstieg war, um diese Erkenntnis dann in meinem Opening zu verwenden.
Mir fiel auf, dass sich HH in seiner Eröffnung ein wenig selbst „auf die Schippe“ genommen hatte. Er nahm sich selbst also vor den Augen seines Publikums nicht ganz ernst. Und hatte damit gleich ein paar Lacher oder zumindest Lächler auf seiner Seite... hatte mit einem Lachen die Mauer der Distanz durchbrochen. Dieser Moment schien mir extrem wichtig – und durchaus übertragbar.
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Womit konnte ich mich nun aber selbst „auf die Schippe“ nehmen, ohne gleich jene Autorität, die man als Stimmungsmacher in so einer Partynacht jedoch fraglos gleichermaßen braucht, zu verlieren?
Nach ein paar Überlegungen war diese Frage eigentlich leicht zu beantworten. Nahezu Jeder, der, wie auch immer, mit mir zu tun hatte, gab mir indirekt darauf eine passende Antwort! Meine auffallende Statur beschäftigte alle gleichermaßen! Die Körpergröße von 2 Metern 5 reizte sogar die meisten Menschen, mich persönlich genau darauf anzusprechen. Die Länge beeindruckte sie – Manche schien das sogar ein ganz klein wenig zu ängstigen.
Also nutzte ich Sprüche, die ich selbst in diesem Zusammenhang bereits unzählige Male gehört hatte. „Hee Langer! Wie ist die Luft da oben?“ „Es stinkt nach Zwergen!“... na gut, ich wollte ja nicht gleich beleidigend werden.
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So bastelte ich mir folgendes Opening zusammen:
„Eine Feier ohne Musik, wäre wie Bier ohne Schaum, darum heute live bei den Mustermanns in Musterstadt:
DIE SOUNDBOX
Hallo, Guten Abend und Herzlich Willkommen alle miteinander.
2000 Musiktitel für Jung und Alt habe ich heute mitgebracht
und mit Hilfe dieser Musik möchte hier die Tanzfläche polieren
Mit von der Partie sind außerdem zwei Plattenspieler, ein
Mischpult, zwei Lautsprecher, ein Mikrofon, einige Meter Kabel
und 120 Tanzwütige.
Soweit zum technischen Teil – weiter zu meiner Person.
Am Mikrofon steht weder Arnold Schwarzenegger, noch
Ivan Rebrow, auch ist dieses keine Direktübertragung von einem
Leuchtturm – nein, am Mikrofon stehe ICH – und mein Name ist
Andreas Kernke.
Unübersehbar – mein Markenzeichen sind stolze 2 Meter 5, ohne
Hut. Dass ich so lang bin, ist auch ganz gut so, denn wenn ein
normaler Mensch Kopfschmerzen hat, dann habe ich erst
Bauchschmerzen.
Da sich aber hoffentlich noch niemand über Kopfschmerzen
beklagen kann, will ich auch nicht über Bauchschmerzen jammern.
Fangen wir also an, beginnen wir die Tanzfläche zu polieren
und dabei wünsche ich viel Spaß und gute Unterhaltung.“
Ich tippte mir diesen Text damals mit einer Schreibmaschine auf ein Stück Papier, steckte ihn als Gedankenstütze zwischen die Singles in eine Plattenkiste und war gespannt, wie er bei meinem Publikum ankommen würde. |
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Nach wochenlanger Suche entschied ich mich schließlich auch für ein Opening-Theme, also eine bei jedem Auftritt wiederkehrende Melodie. Die hin und wieder im Radio zu hörende italienische Synthdance-Gruppe „Koto“ spielte damals überwiegend instrumentale Synthesizermusik und war kurz zuvor mit „Jabdah“ 15 Wochen immerhin auf Platz 23 der Deutschen Longplay Charts geklettert, war selbst in Österreich auf Platz 29 und sogar Platz 11 in der Schweiz. Das Nachfolgestück „Dragon's Legend“ schien mir von seiner Präsenz, Brillianz und Dynamik wie geschaffen für mein Opening – und wurde damit 25 Jahre lang zum Soundtrack für all meine Auftritte.
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>>Kapitel 3>> |
Alte Autos und Urlaub... sind bei Weitem nicht alle Themen, über die ich hier erzähle.
Andreas Kernke
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Freitag, 26. Dezember 2014
Meine DJ-Biografie - Kapitel 2: "GEBURT" EINES DJ
THEMATIK:
Buchprojekt "Meine DJ-Biografie"
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