Mittwoch, 15. Juni 2011

Hermann Walter's private VW-World

Schon mal was von Hermann Walter gehört? Nee, nicht? Hatte ich bis Montag den 13. Juni 2011 auch noch nicht. Doch an diesem Tag sollte ein Besuch bei ihm der krönende Abschluß unseres alljährlichen K 70-Pfingsttreffens werden.
Hier soll ein privates VW-Museum sein?

Ein amerikanischer Passat

Am frühen Nachmittag parken wir mit etwa einem Dutzend K 70 und ein paar weiteren Oldtimern im Ortsteil Kaunitz der ostwestfälischen Stadt Verl im Kreis Gütersloh/Nordrhein-Westfalen vor einer unscheinbaren Werkstatt.



Auf dem Flachdach des Büros steht ein verwitterter orangefarbener VW Käfer, vor dem Eingang warten drei Käfer-Cabrios unterschiedlicher Baujahre und ein Golf I auf Käufer. Neben dem Eingang finde ich einen alten VW Passat B2 (Typ 32B) im US-Outfit. 

Ein vielleicht 60-jähriger Herr mit Dunlop-Cap stellt sich als Hausherr, also Hermann Walter, vor. Mir fällt sofort seine VW-Gürtelschnalle auf. Genau die Gleiche habe ich auch an meinem Gürtel. Ich stelle mich einfach neben ihn und mache die Runde auf unseren Partnerlook aufmerksam. „Das Original?“ fragt er und winkt gleich ab...“neee, neee, die ist nicht aus purem Messing, das ist ein Imitat.“ Als ich ihm die Rückseite meiner Schnalle zeige, kann er „Solid Brass“ lesen und wundert sich nur, dass Meine nicht so schön poliert ist, wie Seine.
Trügerisches Idyll

... versteckt hinter Hecken

Herr Walter erzählt, dass er ein privates VW-Museum besitze und uns dieses gern zeigen möchte – wenig später durchquert die neugierige Gruppe flinken Schrittes weitläufige Gartenanlagen und wir betreten schließlich eine Halle. Direkt hinter der Tür stolpert man quasi über einen marathon-metallic-farbenen NSU Ro80. Natürlich erkennt man, dass dieses Fahrzeug benutzt wurde – doch es ist in einem augenscheinlich hervorragenden Zustand.

Gleich dahinter steht ein sonnengelber VW K 70 LS. Auf dem davorstehenden Schild ist zu Lesen, dass dieser angeblich als der Letzte das Werk in Salzgitter verlassen habe – die versierten Fachleute unter uns können diese Information aber anhand der Fahrgestellnummer widerlegen.


Erster Eindruck: NSU Ro 80

Zweiter Eindruck: VW K 70

Käfer wie neu!

Vom Hausherrn erfahren wir, wie er zu seiner Sammlung gekommen ist. Früher war dieser Familienbetrieb eine VW-Werkstatt. Zusammen mit seiner Frau habe er dann angefangen, VW Käfer zu sammeln. Ihr gemeinsames Ziel sei dabei gewesen, jeweils einen Käfer aus jedem Produktionsjahr zu besitzen - der VW Käfer wurde von 1938 bis 2003, also 65 Jahre lang, gebaut.
Dieser soll mal ABBA gehört haben

Filmstar "HERBIE"

Demzufolge kann er mit tollen Geschichten aufwarten. Er erzählt vom türkis-Metallic-farbenen 1302, den mal die schwedische Popgruppe Abba besessen haben soll und vom letzten Käfer aus Wolfsburg, der am 1. Juli 1974 um 11:19 Uhr vom Band gelaufen war. 

In der oberen Etage findet sich ein Filmstar, der Hauptdarsteller „Herbie“ der Walt-Disney-Filmproduktion „Ein toller Käfer“. Direkt gegenüber gibt sich ein schwarzer 1948er die Ehre. Diese damals nur wenige Wochen alte Käfer-Limousine Typ 11 wurde dem Paderborner Domprobst von britischen Besatzungssoldaten gestohlen und mit vielen anderen entwendeten Fahrzeugen zwecks späterer Mitnahme nach England in ein großes Gebäude eingemauert und dort vergessen. Bei dessen Abriss, Jahrzehnte später, wurden die meisten Schätzchen durch den Abrissbagger zerstört. Als Hermann Walter an der Fundstelle erschien, sauste gerade die große Baggerschaufel auf das Heck des Domprobst-Käfers und verbeulte es ordentlich. Nur Hermanns beherzten Hechtsprungs auf das Fahrzeug ist dessen heutige Anwesenheit in der Kaunitzer Sammlung zu verdanken.
Geklauter & geretteter Käfer vom Domprobst

KdF - Kraft durch Freude

Selbst besonders seltene Baujahre, in denen zum Beispiel nur 7 Fahrzeuge gebaut wurden – 3 davon nach Übersee verkauft wurden - finden sich dank Kommissar Zufall in dieser Sammlung. Natürlich ist auch "Kraft durch Freude" vertreten.







Käfer-World

Der ultimativ Letzte aus Mexiko

Auch der weltweit letzte Käfer, gebaut in Mexiko am 30. Juli 2003, hat hier sein Zuhause gefunden. In Eigenregie hat ihn der Herr der Käfer herbeigeschafft. 
Als die Käfer-Sammlung schließlich komplett war, kamen noch andere Modelle hinzu. Polo, Golf, Passat, Santana, Jetta, 411, Kübel, Transporter, Pritsche, Karmann, Scirocco, Corrado, Käfer- und Golf Cabrio.
Gekauft wie gesehen!

Der Letzte aus Wolfsburg

US-Crashtest mit einem Jetta

Hat nur 4 Kilometer auf der Uhr

Oettinger-Passat

Ein Ost-Golf

Legendärer Corrado G60 von Karmann

Auch ein Karmann
Scirocco II von Karmann

In einer anderen Halle schlummert ein weiteres Dutzend Schätzchen mit einem ganz anderen Schicksal. Vor Jahren, ich meine, es war in den 1990ern, wurde nämlich versucht, mit einer Art Subventionierung - ähnlich der Verschrottungsprämie - der Neufahrzeugabsatz zu fördern. Unter den aus dieser Aktion hier eingelagerten Youngtimern: ein seltenes Jetta Nordstadt Cabrio sowie schicke Scirocco 1 und ein fast neuwertiger Santana – alles in wirklich sensationellem Zustand. Kurios ist auch, dass diese Fahrzeuge jetzt wieder angemeldet werden könnten, denn es war damals keine staatliche Verschrottungsaktion, bei der die Fahrzeugbriefe eingezogen wurden.
Eigenbau vom Autohaus Nordstadt: Jetta Cabrio
Wie neu: Santana

Hübscher Scirocco I


Passat TS - in traumhaftem Zustand

In der letzten Halle bietet sich das gleiche Bild wie in all den anderen Hallen auch. Ganz in der Ecke - ein offenbar einwandfreier grüner Passat TS neben einem babyblauen Polo, ein weißer 1600 TL neben einem ebenso weißen 411, daneben ein sonnengelber Scirocco 1, weitere Scirocco II, Passat, Santana, Golf Cabrio... Wahnsinn!!! Und alles scheint top gepflegt. Vom Zustand sämtlicher Fahrzeuge ist hier die Zeit um locker 25 Jahre zurück gedreht oder stehen geblieben. Herrlich!
VW 411 LE

Scirocco I

Ein Glänzen in Nabelhöhe

Alle fragen sich, ob Hermann Walter noch Zeit für seine Frau hat.
Mir fiel auf, dass allerorten zwischen den Autos Schaufensterpuppen stehen. Abbilder seiner
Frau? So sieht wenigstens er sie doch häufiger, oder?

Als ich an Herrn Walter vorbei ins Freie schlüpfe, muss ich noch unbedingt auf ein Foto von uns Beiden bestehen. Stolz präsentieren wir unsere Gürtelschnallen. VW verbindet. Ich besitze nur zwei VW K 70, er bestimmt 100 VW. Aber wir tragen BEIDE die VW-Gürtelschnalle mit Stolz. Ich bin mir nur nicht mehr ganz sicher, ob sein Emblem nicht vielleicht doch aus Gold ist und deshalb so fein blitzt.

Dieser Besuch hat sich gelohnt.
Wirklich absolut empfehlenswert!

3 Kommentare: