Dienstag, 26. Januar 2016

Meine DJ-Biografie - Kapitel 15: SILVESTER MIT DER SOUNDBOX










Die Crème-Veranstaltung aller jährlicher Partys dürfte wohl für die meisten Discjockey eine Silvesterfeier sein. Denn wenn das Partyvolk zu dieser beliebten Veranstaltung anlässlich eines Jahreswechsels zum Feiern aufläuft, wird dem "Musikanten" das Arbeiten recht leicht gemacht, da die allermeisten Gäste ja schon in entsprechend bester Laune erscheinen.

Man kann also bei einer Silvesterfeier erwarten, dass die Tanzfläche tendenziell die ganze Nacht gut besucht sein wird – so war es jedenfalls stets bei der SOUNDBOX. Mir gefielen Auftritte generell insbesondere immer dann, wenn sie vorab einen gewissen Stil versprachen. Daher stand ich ehrlich gesagt eigentlich nie unbedingt auf Großveranstaltungen in Zelten mit freiem Eintritt und alkoholisiert randalierendem Pöbel.

Mit genau DEM hatte ich allerdings manchmal schon im Vorfeld so meine unliebsamen Begegnungen. Ich entsinne mich da an das Einladen meiner PA ins Auto am Vormittag eines kalten Silvestertages. Mein Wagen stand offen vor dem Haus und ich trug gerade eine meiner schwersten Plattenkisten zur Haustür hinaus. Plötzlich blitzte es grell und ein ohrenbetäubender Knall samt Druckwelle durchfuhr den ganzen Ort. Ich erschrak derart, dass mir wirklich fast das Herz stehen blieb und mir die schwere Kiste beinahe auf die Füße gefallen wäre.

Na ja, jeder kennt ja (mehr oder weniger) jugendliche Nachbarn, die schon Tage - ach was sage ich, Wochen!- vor und nach der eigentlichen Silvesternacht die ganze Gegend mit Detonationen wie im Krieg terrorisieren. Das jedoch ist natürlich eine ganz andere Geschichte.

Zu den Silvesterfeiern führten die Gaststätten normalerweise eine Gästeliste. Die Gäste konnten also schon Wochen vor dem großen Ereignis Plätze für das Fest reservieren. Die Herrschaften bezahlten vorab und meistens pauschal. Extra für diese Events wurde natürlich dann auch ein reichhaltiges und stets hochwertiges Menü geboten.

Der Saal wurde üblicherweise feierlich geschmückt. Obendrein hüllten sich auch alle Gäste dem Anlass entsprechend in edles Gewand. Leute, die zu dieser Veranstaltung kamen, wollten folglich einfach formvollendet und standesgemäß feiern.

Viele meiner werten DJ-Kollegen berechneten ihren Silvesterauftritt zum zwei- oder gar dreifachen Preis dessen, was normalerweise das Jahr über fällig wurde. Sicherlich war es eine kaufmännische Dummheit von mir, dieses allgemein übliche Geschäftsgebaren nicht mitzutragen. Doch natürlich weiß auch ich, dass Moral und Geld sich nur schlecht vertragen. Deshalb habe ich stets den Preis eines normalen SOUNDBOX-Auftritts lediglich moderat erhöht, nie jedoch verdoppelt oder verdreifacht.

Jedes Silvester-Publikum qualifizierte sich also, wie bereits gesagt, durch seine besondere Tanzfreude. Selten im Jahr waren alle Gäste zugleich derart eifrig am Tanzen. Deshalb hatte auch ich an eben diesen Feiern immer meinen besonderen Spaß.

Pünktlich um Mitternacht rückte ich dann als DJ natürlich stets schlagartig aus dem direkten Fokus der Aufmerksamkeit des Publikums. Die letzten Tanzschritte und Drehungen hatte es oftmals noch nicht ganz beendet, da griff jede(r) Einzelne schnell ein bereitgestelltes Sektglas, hüllte sich in eine warme Jacke… und wie nach einer Bombenwarnung stand ich keine dreißig Sekunden später unbeachtet und mutterseelenallein auf der Bühne. Draußen knallten die mitgebrachten Böller, pfiffen und zischten bunte Raketen und Leuchtkugeln durch die zumeist kohlrabenschwarze Nacht.

Längst hatte ich die Musiklautstärke auf ein unaufdringliches Maß heruntergezogen. Da stand ich nun, durch den Jahreswechsel im Moment etwas unsanft an den Rand des Parygeschehens gedrängt. An dieser Stelle hatte ich meistens kurz Zeit, das alte Jahr im Geiste Revue passieren zu lassen. Und dann stellte sich natürlich auch mir – eigentlich immer – die ungewisse Frage, wie das neue Jahr wohl werden wird?

Eine besondere Freude war es für mich immer, wenn meine Familie zu Mitternacht für vielleicht eine halbe Stunde an meinem Einsatzort erscheinen konnte. So war es trotz meiner beruflichen Abwesenheit möglich, wenigstens den Moment des Jahreswechsels zusammen mit ihnen zu erleben.

Anschließend gelang es mir übrigens glücklicherweise immer, das Publikum nach dem Böllern bis in die frühen Morgenstunden des jungen Jahres vor den Lautsprechern der SOUNDBOX tanzen zu lassen. Jeden 1. Januar verbrachte ich demzufolge oftmals bis zum Nachmittag im Bett.

>>Kapitel 16>>

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