HH fragte also meine Freundin, ob sie jemanden wüsste, der Ahnung von Musik und Lust auf einen solchen Job hat. Und ihr fiel natürlich augenblicklich ihr Freund, also ich, ein.
Ich war damals 26 Jahre jung und studierte gerade Sozialpädagogik. Und schon
seit langem besaß ich eine ansehnliche Schallplattensammlung. Außerdem
beschäftigte ich mich gern mit dem Zusammenschneiden eigener Musiksendungen,
die ich dann „Radio on Tape“ nannte und an Freunde und Verwandte verschickte
oder verschenkte. Durch Experimentieren hatte ich bei diesen Sendungen
bereits sehr viele technische Erfahrungen machen können, die mir später
durchaus dienlich waren. Die Möglichkeiten von Tonbandmaschinen,
Kassettenrecordern sowie Radiogeräten und Plattenspielern, aber auch des
Mikrofons, wurden dabei von mir in Funktionsweise und Aufbau erforscht. Um
Einblicke zu erhalten zerlegte ich häufig genug dazu auch Geräte. Außerdem
passte ich sie entsprechend meiner individuellen Bedürfnisse an, sagen wir
besser, ich manipulierte sie - in einigen Fällen wurden sie sogar regelrecht
vergewaltigt.
Keine Angst, ich werde jetzt hier nicht mit technischen Beschreibungen
nerven. Aber ich möchte meine fast schon wissenschaftlichen Studien an einem
Beispiel erklären. Dazu erinnere ich mich an eines meiner ersten technischen
Probleme. Es ging darum, ein musikbespieltes Magnetband nachträglich mit
einem Wortbeitrag zu versehen. Ein Profi nutzt dazu normalerweise ein
Mischpult. Mein Taschengeld ließ jedoch den Kauf eines solchen, zudem damals
recht teuren, Hilfsmittels nicht zu. Also musste ich mir eine günstige
Alternative einfallen lassen.
Es war nun von Vorteil, dass ich das nicht ganz unkomplizierte Prinzip einer Magnetbandaufzeichnung verstanden hatte: um Informationen auf einem Magnetband zu speichern, ist nämlich ein sogenannter Schreibkopf nötig. Dieser Schreibkopf besteht hauptsächlich aus einem Elektromagneten. Bei einer Aufnahme wird nun ein Magnetfeld erzeugt, das die Magnetfeldlinien des zu beschreibenden Magnetbandes durchsetzt. Dessen spezielle Bandbeschichtung wird dadurch magnetisiert. Die Aufnahme ist also in Form von winzigsten Permanentmagneten mit kleinen Magnetfeldern auf dem Band gespeichert. Bei einer erneuten Aufnahme läuft dann das Band an einem Löschkopf vorbei, wobei die Magnetfelder wieder gelöscht werden.
Es war nun von Vorteil, dass ich das nicht ganz unkomplizierte Prinzip einer Magnetbandaufzeichnung verstanden hatte: um Informationen auf einem Magnetband zu speichern, ist nämlich ein sogenannter Schreibkopf nötig. Dieser Schreibkopf besteht hauptsächlich aus einem Elektromagneten. Bei einer Aufnahme wird nun ein Magnetfeld erzeugt, das die Magnetfeldlinien des zu beschreibenden Magnetbandes durchsetzt. Dessen spezielle Bandbeschichtung wird dadurch magnetisiert. Die Aufnahme ist also in Form von winzigsten Permanentmagneten mit kleinen Magnetfeldern auf dem Band gespeichert. Bei einer erneuten Aufnahme läuft dann das Band an einem Löschkopf vorbei, wobei die Magnetfelder wieder gelöscht werden.
Für meine Zwecke musste ich nun also nur verhindern, dass die aufgezeichnete Musik beim Aufsprechen meiner Moderationsbeiträge wieder komplett gelöscht wurde. Meine Lösung: ich umwickelte den Löschkopf einfach mit einem Stück Aluminiumfolie, meistens der Alufolie einer Tafel Schokolade. Das durchaus zufriedenstellende Ergebnis: an den mit einer Moderation versehenen Passagen war die Musik auf dem Band jetzt nicht ganz gelöscht und daher etwas leiser, meine Stimme aber dennoch klar und deutlich zu verstehen.
Mit diesem Stückchen Alufolie hatte ich somit ein behelfsmäßiges Mischpult
für zahlungsschwache Taschengeldempfänger geschaffen. Wie heißt es doch
immer so schön: Not macht erfinderisch!
Wieder zurück zu HH und seiner
Suche nach einem Kompagnon. Ehrlich gesagt hatte ich damals nicht wirklich
Ahnung, was genau er suchte. Trotzdem meldete ich mich telefonisch bei ihm
und wir vereinbarten, dass ich ihn bei einem seiner Auftritte begleiten
sollte.
Wenig später war es soweit. HH sollte als Discjockey auf einer Hochzeit im
Südoldenburgischen auftreten. Er besaß eine eigene Beschallungsanlage, in
Fachkreisen wird soetwas auch PA (Public Address) genannt. Seine PA
transportierte HH auf einem PKW-Anhänger. Am Veranstaltungsort bauten wir
die teilweise schweren Lautsprecher auf. Ein Rack mit Verstärker, Mischpult
und Kassettendeck sowie Mikrofon und Plattenspieler, die sogenannten
Turntables, wurden angeschlossen. Die anschließende Kontrolle und
Einstellung der PA erfolgte bei einem Soundcheck. Dabei war zu hören, dass
die Anlage über klare, hohe Töne und einen satten Bass verfügte. Auch die
Abstimmung des Mikrofons wurde auf die Größe und Beschaffenheit des Raumes
sowie auf die zu erwartende Menge des Publikums angepasst. HH erklärte mir
das Phänomen der Rückkopplung, bei der ein Mikrofon den selbst erzeugten
Klang der Lautsprecher wieder aufnimmt – etwa vergleichbar mit dem Einatmen
der gerade selbst ausgeatmeten Luft. Bei der Rückkopplung kann es zu einem
unangenehm hohen Pfeifen kommen. Durch diese Frequenzverstärkung können die
Hochtöner und andere wichtige Bauteile der Lautsprecher zerstört werden. Für
mich waren das natürlich interessante Informationen, die ich gierig aufsog.
Seinen ersten ganz offiziellen Einsatz als Discjockey dieser Hochzeit
zelebrierte HH schon vor dem eigentlichen Eröffnungstanz. Er beeindruckte
nicht nur mich mit einem ungeheuer dynamischen Intro. In informativer und
redegewandter und daher sehr unterhaltender Art stellte er sich zunächst dem
anwesenden Publikum vor. Damit schuf er gleich eine angenehme Atmosphäre,
die schließlich fast alle Feiernden förmlich auf die Tanzfläche zog. Dort
herrschte, sicherlich nicht nur zu Ehren des Brautpaares, schnell ein
dichtes Gedränge und Geschiebe.
Nach drei Musikstücken entließ HH die tanzende Menge in eine kurze Pause. Er
erklärte mir, dass Tanzpausen für die Gäste ein wichtiger Bestandteil jeder
Tanzveranstaltung seien. In ihnen sei natürlich eine Unterhaltung möglich,
es werde getrunken und selbstverständlich sei auch eine Erholung von der
letzten Tanzrunde dringend nötig. Für den DJ ermöglichen die Tanzpausen
hingegen Stilwechsel, die Musikrichtung könne also geändert und somit andere
Alters- und Interessengruppen angesprochen werden.
Die Auswahl der Musik für die einzelnen Musikrunden schien mir zum größten
Teil reine Erfahrungssache zu sein. Das Wissen um jeden einzelnen
Musiktitel, seine Wirkung auf das Publikum und die gerade laufende
Tanzrunde, mussten per „Try-and-Error“ höchstwahrscheinlich experimentell
erfasst werden. Dabei gab es nur zwei Möglichkeiten: entweder die Tanzenden
setzten beim Übergang auf den nächsten Titel ihre Tanzaktivität fort, oder
sie entschlossen sich fast augenblicklich, mit dem jeweiligen Tanzpartner
bzw. der jeweiligen Tanzpartnerin zum Beispiel an die Theke zu gehen – somit
verordneten sie also dem DJ eine Musikpause.
Ebenso fiel mir auf, wie wichtig die richtige Ansprache des Publikums nach
einer Tanzpause war. Ein ansprechender Musiktitel und die passende
Anmoderation sind schließlich Garant für einen guten Einstieg in die nächste
Tanzrunde. Ein DJ animiert die Gäste förmlich, wieder auf die Tanzfläche zu
kommen.
Im Laufe dieser Party-Nacht gab es auch Situationen, die ich an HH's Stelle
anders gestaltet hätte. Eine davon ist mir auch heute, über 25 Jahre später,
noch sehr peinlich in Erinnerung. Während einer ausgelassenen Tanzrunde
versuchte HH nämlich mit dem Spruch „Die Pille ist ein fauler Zauber,
Domestos hält das Becken sauber!“ die Stimmung anzuheizen. Im Moment dieser
Mikrofondurchsage wäre ich am liebsten im Boden versunken. Dieser Humor war
meines Erachtens anlässlich einer Hochzeitsfeier in dieser obendrein
bekanntermaßen sehr katholischen Gegend absolut fehl am Platze. Doch HH
liebte offensichtlich diese ausfällige Art. Später erfuhr ich, dass er dafür
bekannt und auch berüchtigt war. Für mich stand jedoch unmittelbar fest,
dass er damit für mich ein eher schlechtes Beispiel darstellte, dem ich
keinesfalls zu folgen bereit war – und es auch nie wirklich tat.
Doch auf die ganze Atmosphäre um die Tätigkeit als Discjockey hatte diese
Peinlichkeit keinen Einfluss. Zwar machte ich mir etwas Sorgen darüber, für
die Stimmung einer ganzen Feier allein verantwortlich zu sein – doch
andererseits musste ja auch HH das mal irgendwann zum ersten Mal gemacht und
überstanden haben – warum also nicht auch ich.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen