tag:blogger.com,1999:blog-1444499248189006389.post3772907344047692049..comments2024-02-20T11:20:20.516+01:00Comments on -: 9. November 1989 - Das glücklichste Volk der WeltEl Gigantehttp://www.blogger.com/profile/18022328249895845374noreply@blogger.comBlogger6125tag:blogger.com,1999:blog-1444499248189006389.post-75889180323142522282019-11-18T01:12:44.015+01:002019-11-18T01:12:44.015+01:00Hallo Andreas,
Gleich vorweg, es sind 30 Jahre al...Hallo Andreas,<br /><br />Gleich vorweg, es sind 30 Jahre alte Eindrücke und Erlebnisse. Viel Zeit ist vergangen. Aber der Vollständigkeit möchte ich einige Eindrücke hier noch schriftlich festhalten. <br />Im Nachhinein bin ich meinen Eltern sehr dankbar für diese Reise, denn ich bin einer wenigen meines Jahrgangs, die das Leben auf der "anderen Seite" selbst erleben durften. <br />Etwa der Gang in dem Supermarkt, in dem im Grunde nur leere Regalflächen zu sehen waren, nur gefüllt mit den absoluten Basics wie etwa Brot. Unsere Gastgeberin war sehr geübt im Organisieren, selbst bei so Grundlegendem wie Lebensmitteln. <br />Sonntags wollte Sie uns etwas bieten und wir fuhren aufs Land, um eine Tropfsteinhöhle zu besichtigen. Anschliessend ging es in ein privat geführtes Cafe in der Nähe. Es war augenscheinlich bis auf den letzten Platz belegt, so dass wir uns bereits wieder daran machten, es zu verlassen. Für die Gastgeberin war dies jedoch kein Grund zu gehen, üblich war es sich um einen Tisch um die speisenden Gäste zu platzieren, bis diese fertig waren. <br />Man stelle sich das heute vor, es war für mein Empfinden absurd und wir haben auch dankend abgelehnt. <br />Wie du schon sagst, es war ein Lebendexperiment an einer ganzen Generation, welches den Menschen unglaubliches Anpassungsverhalten abverlangte. Hinzu kam noch spürbar, dass auch in der gesellschaftlichen Entwicklung im Vergleich zum Westen aus unserer Sicht sich Verhalten konserviert hatte. Völlig fremd war uns zB. diese Art von persönlichem Tratsch und Missgunst selbst in der engsten Familie, welche dazu führten dass Eltern und Kinder demonstrativ nicht mehr miteinander redeten. Es mag nat. ein Einzelfall gewesen sein, aber es führte dazu, dass mein Vater in seiner überspitzenden Art auf der Rückfahrt nur meinte: Hoffentlich geht die Mauer nie auf.<br />Wie gesagt, es liegt sehr lang zurück, und ich bin sehr froh, dass ich diesen gesellschaftlichen Kontrast selbst noch erleben durfte. Denn erst durch den Abgleich merkt man, wieviel sich zwischenzeitlich verändert hat.<br />Und was die Politiker angeht: Die Sprachregelungen haben damals doch sehr gut funktioniert, denn obwohl ich mir einbilde, seit damals bereits mit offenen Augen durchs Leben zu gehen, sind die gravierenden gesellschaftlichen Auswirkungen, welche die Arbeit der Treuhand innerhalb sehr kurzer Zeit in den fünf neuen Ländern nach sich zog, an mir nahezu vorbei gegangen. Erst zwei Jahrzehnte später habe ich die fundamentalen Umwälzungen erst realisiert, und damit bin ich im Westen sicher nicht allein. Im Nachhinein ist dies ein weiteres Wunder, dass dies gesellschaftlich nach aussen so erschütterungslos ablief. <br /><br />VG NilsAnonymousnoreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-1444499248189006389.post-67696397629083376212019-11-17T18:23:47.260+01:002019-11-17T18:23:47.260+01:00Hallo Nils,
ja - diese "Gegenwartsverschiebu...Hallo Nils,<br /><br />ja - diese "Gegenwartsverschiebung" habe ich in der DDR auch wahrgenommen. Im Nachhinein ist das Fazit dieser Beobachtungen jedoch recht klar: in der DDR war die Zeit schlicht und einfach dreißig Jahre lang stehen geblieben... man fühlte sich also komplett zurückversetzt in eine Zeit, in der man selbst noch sehr klein (ich war 1989 28 Jahre alt) oder noch nicht mal geboren war.<br /><br />Bei den Menschen ist es, wie Du schon ganz richtig sagtest, eine ganze Generation, die ihr Leben für dieses seltsame Staatskonstrukt hergab und sich dafür teilweise menschenunwürdig verbiegen musste. Diese Prägung wird man sicher nicht so einfach wieder los. Das merkt man ja letztendlich auch dreißig Jahre später noch... das ist ja wahrscheinlich auch der Grund für die vielerorten auffällig schräge soziale Einstellung der ehemaligen "Ost-Bevölkerung".<br /><br />Leider wurde die Wende politisch missbraucht. Mit der Wiedervereinigung schmückten sich ja Politiker, die sich nicht wirklich aktiv an der jahrelangen Vorbereitung des Events beteiligten. Sie waren halt nur "zur rechten Zeit am rechten Ort" und hielten ihr Gesicht passend zum Geschehnis in die Kameras dieser Welt. Hinterher brüsteten sie sich mit dem politischen Erfolg, den ihnen der Zufall in den Schoß gelegt hatte. Dass sich Politiker mit fremden Federn schmücken, ist ja nicht neu - und auch das wird sich sicherlich nie ändern.<br /><br />Apropos "Körbchen": durch Deine kleine Geschichte mit dem großen Kaufhaus erklärt sich mir ein Vorfall, über den ich mich vor rund 15 Jahren in einem ALDI in Leipzig tierisch geärgert habe. Wie ich es auch manchmal im "Westen" mache, kaufte ich ohne Einkaufswagen ein. Einfach nur das bisschen Ware in die Hand/auf den Arm... und ab zur Kasse! Dort ranzte mich die Kassiererin derart unhöflich an, ich solle mir doch gefälligst einen Wagen genommen haben (das stand auch auf einem Schild am Eingang - für meine paar Sachen lohnte sich das aber meiner Meinung nach nicht!), dass ich ihr meinen Einkauf auf dem Band liegen ließ und den Laden schnurstracks wutentbrannt verließ. Damals verstand ich die Forderung nach einem Einkaufswagen als Schikane. Jetzt kenne ich - dank Deiner Story - die Historie dahinter. Danke dafür!<br /><br />Gruß El Gigantehttps://www.blogger.com/profile/18022328249895845374noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-1444499248189006389.post-38324264412954771162019-11-17T07:29:45.213+01:002019-11-17T07:29:45.213+01:00Nun habe ich im Rückblick noch das Glück gehabt, d...Nun habe ich im Rückblick noch das Glück gehabt, die DDR in den Herbstferien 1988 erleben zu dürfen als Zwölfjähriger. Die Ereignisse ein Jahr später waren da noch undenkbar, und zugleich war das, was ich dort sah, "Ausland", denn es hatte mit meiner Lebensrealität in so vielen Details nichts zu tun. Erst nach Tagen erschloss sich mich mir, warum in den Strassenbahnen, und in manchen Fenstern, "bunte" (rosa, gelb, blau) Neonröhren hingen. In meinem Weltbild war es undenkbar, dass es der schlichte Mangel war (Und warum dann rosa? Dann doch lieber keine, oder?).<br /><br />Vor dem grossen Kaufhaus liessen die Mütter ihre Kinderwagen stehen - mitsamt dem schlafenden Nachwuchs drin. Im Kaufhaus dann die nächste Überraschung: Als Westler gewohnt, Werbetafeln an der Decke zu ignorieren, hatten wir es gewagt die Verkaufsfläche zu betreten. Gestattet war dies nur mit "Körbchen". Die anderen "Normalkunden" warteten natürlich an der Rolltreppe, bis sie ein "Körbchen" bekamen. Dass es für die Kunden an einem Wochentagsvormittag zu wenige "Körbchen" gab, muss ich wohl nicht weiter erwähnen. <br />Immerhin: Schaufenster waren dekoriert. Aber: In einem stand als Dekoration eine krumme Kerze. Auch hier dauerte es wieder Tage, bis ich begriff, dass die Kerze wohl unter der Sonneneinstrahlung der Schwerkraft nachgegeben hatte, irgendwann vor dem Oktober, als wir dort waren. Aber auch in den zwei Wochen des Aufenthalts dort fühlte sich niemand im Geschäft dafür verantwortlich, die Auslage wieder in Ordnung zu bringen. Für mich war es ein Sinnbild, für das, was ich dort sehen u erleben dürfte (aufgegebene Strassenzüge in der Innenstadt, usw)<br /><br />Und so war denn auch die Radiomeldung gut ein Jahr später abends um 23 Uhr, dass die Mauer auf sei für mich nichts, worüber ich mich freuen konnte. Für mich war die DDR so fremd wie Österreich oder die Schweiz gewesen. Niemand wäre auf die Idee gekommen, sich trotz der gemeinsamen Sprache mit ihnen zu "vereinigen". <br />Ich wage mal die Hypothese, dass die Wende 10 Jahre später, unter meiner Generation, ganz anders verlaufen wäre. Das Gefühl, dass da was zusammen wachsen "muss", gab es bei uns jedenfalls nicht mehr.<br />Aber auch mich hat zusammen mit dem Rest des Landes "der Mantel der Geschichte" (H. Kohl) damals erfasst, und ich bin ganz erstaunt, dass wir mittlerweile wieder eine Menschengeneration weiter sind. Noch dazu, die historischen Protagonisten der Politik von damals, welche im Erleben allgegenwärtig u omnipräsent Zeit ihres Lebens waren, sind mittlerweile verstorben. <br />Und so geht denn - alles immer weiter. <br /><br />VG NilsAnonymousnoreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-1444499248189006389.post-20975035498262037402014-11-25T10:10:21.993+01:002014-11-25T10:10:21.993+01:00Hey Andreas,
ich kann mir gut vorstellen, dass es...Hey Andreas,<br /><br />ich kann mir gut vorstellen, dass es für dich das leisteste Auto der Welt war ;-). <br /><br />Mein "fast-Auto-soll-aber-noch-eins-werden" wird wohl nicht viel komfortabler sein, die Konstruktion ist ja schon 70 Jahre alt. Aber da bin ich einfach mal gespannt, wurde ja unter ganz anderen Bedingungen entwickelt.<br /><br />Jeden Morgen, wenn ich zur Schule fahre, kommt mir ein türkisfarbener Trabbi entgegen. Bei jedem Wetter, egal ob es schneit, gefroren hat oder es brütend heiß draußen ist. Das scheint wohl das einzige Auto vom Besitzer zu sein.<br /><br />Schöne Grüße<br />LarsAnonymousnoreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-1444499248189006389.post-2702984902967843792014-11-23T00:23:28.808+01:002014-11-23T00:23:28.808+01:00Hi Lars,
als ich mal in einem Trabi mitgefahren b...Hi Lars,<br /><br />als ich mal in einem Trabi mitgefahren bin, war das für mich das leiseste Auto der Welt: ich konnte mir nämlich quasi mit den Knieen die Ohren zuhalten - Du kannst Dir sicher vorstellen, welche Haltung ein Zweimeterundfünf-Riese in so einer Scheese einnehmen muss.<br /><br />Na ja, und die Straßenlage der Plastekiste war - diesen Vergleich habe ich ja bereits mehrfach für andere Dinge in meinem Beitrag benutzt - eben das Fahrverhalten eines Fahrzeugs, das vor 50 Jahren als up-to-date bezeichnet werden konnte. Stell Dir einfach vor, Du fährst mit einem Mini-Cooper nur auf den Felgen, ohne Reifen. Ich war damals auch mit einem VW T3 (siehe "Der Bulli-Typ, Teil 2") in der DDR - dieser Bulli lag im Gegensatz zum Trabi auf der Strasse wie ein Rennauto... und war dazu wesentlich komfortabler.<br /><br />Ich habe Respekt vor der enormen Leidensfähigkeit der ehemaligen DDR-Bürger - für sie war der Trabi Symbol für und Zuflucht in "etwas Freiheit" durch Mobilität. Andererseits wurde es echt Zeit, dass sie auf vernünftiges Material zugreifen konnten... auch wenn es damals erstmal nur für Ascona, Jetta, Escort, Corolla, Civic oder Lancer etc. reichte. Auch für sie war die Auto-Welt ab November 89 endlich bunter. Sie machten locker einen Sprung um 50 Jahre NACH VORN... und das war auch gut so!<br /><br />Gruß<br />AndreasEl Gigantehttps://www.blogger.com/profile/18022328249895845374noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-1444499248189006389.post-15790848590013545782014-11-22T21:35:38.682+01:002014-11-22T21:35:38.682+01:00Hallo El,
das hast du prima geschrieben. Für mich...Hallo El,<br /><br />das hast du prima geschrieben. Für mich ist die "DDR" nur etwas, was ich aus Erzählungen und Geschichtsbüchern kenne. Ich bin ja erst danach geboren. Neulich habe ich aber mal ein Video geschaut, was meine Eltern gedreht haben, als sie 1990 nach Rügen fuhren, um Freunde und Verwandte von uns dort zu besuchen. Damals waren Trabbis noch anscheinend normal, auf dem Video sieht man noch viele. <br />N Trabbi würde ich aber gern mal fahren. Nur mal, um zu wissen, wie sich das anfühlt.<br /><br />Schöne Grüße<br />Lars<br /><br />Anonymousnoreply@blogger.com