Montag, 8. Mai 2017

Buenos Dias

Als mein Vater starb, stand fest, dass meinen beiden Schwestern und mir eine aufwändige Nachlassbewältigung bevorstand. Wir erbten ein großes Zweifamilienhaus samt allem, was sich im Sitz unserer Familiendynastie in den 50 Jahren seit seinem Aufbau so angesammelt hat. Das Räumen des Hauses ist das intensive Graben in der Vergangenheit der Familie. Unglaublich viele Gegenstände erinnern an schöne aber auch weniger schöne Geschichten mit ganz individuellen Emotionen. Es ist eine ganz eigene Welt unserer Familienkultur, die nur den übrig gebliebenen Familienmitgliedern etwas bedeuten. Ein Rückblick auf die eigene Kindheit und Jugend, auch Erinnerungen an längst verstorbene Verwandte und Bekannte. Auf jeden Fall eine seltsame Reise in die Vergangenheit und ein deutliches Zeichen für die Endlichkeit des Seins.

Auch die alte Phonoanlage meiner Oma gehört (zumindest in Teilen) zum Nachlass. Ein paar Schellackplatten... teils noch mit 78 Upm abzuspielen und der alte Dual-Plattenspieler. Auf dem Ding, das aussieht, als hätte man es erst neulich dem Wrack der Titanic entrissen, spielte mir Oma einst ihre Lieblingsplatten vor. Willy Schneider - Keiner nimmt was mit (von dieser Welt) zum Beispiel. Wahre Erkenntnis dieses Schlagers aus dem Jahre 1953: Wenn man stirbt, geht man ohne jegliches Hab und Gut in die ewigen Jagdgründe.


Irgendwie wäre es mir allerdings sehr recht gewesen, wenn mein Vater seine komplette Dia-Sammlung mitgenommen hätte. Kennt Ihr überhaupt noch Dias? Eigentlich heißt es ja Dia-Positiv oder Umkehrfilm. "dia" ist altgriechisch und bedeutet "durch"... logisch - man kann ja schließlich durchschauen! Es ist also ein fotografischer Film, der nach seiner Entwicklung Grauwerte oder Farben in einer natürlichen Ansicht zeigt. So kann man das Bild durch eine Projektion (z.B. an eine Wand) betrachten - quasi Kino mit starren (nicht bewegten) Bildern.


Diese Art der Fotografie erfreute sich seinerzeits einer massenhaften Verbreitung. Sie stellte damals für Fotoamateure schlicht und einfach eine Möglichkeit dar, auf günstige Weise Farbbilder herzustellen. Dabei bestachen die Dias mit einem hohen Kontrastumfang. Seit die digitale Fotografie jedoch auch bei den Fotoamateuren Einzug gehalten hat, ist die Dia-Fotografie quasi ausgestorben. Diafilme bietet heute in sehr begrenzter Auswahl nur noch die Fujifilm-Corporation an.

Meine Eltern begannen nach ihrer Schwarz-Weiß-Papier-Bilder-Zeit im Jahre 1964 mit der Fotografie auf Dia-Basis. Zeit genug, um bis zum Jahr 2002 Unmengen dieser Andenken zu erstellen. Bei der Sichtung des Nachlasses ist uns ein gigantisches Archiv in die Hände gefallen. Fünf große Kartons habe ich aus dem Haus getragen... jeweils bestimmt 20 Kilo schwer. Meine Schwestern wollten sich nach dem Streß der Hausauflösung gern bei (ebenfalls anlässlich der Räumung im Vorrat gefundenen Getränke... natürlich auch alkoholische!) die komplette Diashow reinziehen. Ich empfand eine platzsparende Sicherung der Dias durch Digitalisierung für sinnvoller.

Also besorgte ich mir einen guten Diascanner und machte mich an die Arbeit. Wochenlang zog ich die Dias einzeln aus ihren Magazinen, digitalisierte sie und steckte jedes Einzelne wieder zurück ins Archiv. Zwischendurch hielt mich immer wieder das Befreien des Scanners von Staub, das Ordner benennen, das Markieren der fertigen Magazine auf. 38 Jahre Familiengeschichte zogen so nochmals an meinen Augen vorbei. Bilder, die man nicht einfach achtlos entsorgen kann. Für uns haben sie einen unschätzbaren Wert, schließlich protokollieren sie unsere Vergangenheit in Bildern. Man sagt ja auch im Fall eines Wohnungsbrandes immer: rettet die Fotoalben - verbrennen sie, sind die Fotos meistens unwiderbringlich verloren.

Am Ende habe ich 318 Magazine mit insgesamt 13.850 Dias zu 26,1 Gigabyte digitalisiert. Fünf prall gefüllte große Kartons mit Dias haben nun auf einem handlichen USB-Stick Platz gefunden.


Bei dieser zeitgreifenden Beschäftigung sind mir einige spezielle Bilder aufgefallen. Hier nun die Sammlung dieser Bilder der Mobilitätsentwicklung meiner familiären Umgebung. Es fehlen am Anfang ein paar Fotos von den ersten beiden VW Käfer meines Vaters - vielleicht finde ich die ja noch irgendwann irgendwo.

Viel Spaß!





























2 Kommentare:

  1. Dieses Auto ist eine Legende. Die größten Kreuzungen in der Geschichte der Menschheit aufgenommen - in diesem Fahrzeug.

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    1. ... ehm... welches? T4, T3, T2b, Audi 100, Renault 4, VW K 70, VW 411 LE, FIAT 126, FIAT 500, VW 1500, Ford P3?

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