Freitag, 26. Juni 2015

Meine DJ-Biografie - Kapitel 8: "RADIO HUNTETAL" - ENTDECKE DIE MÖGLICHKEITEN




Wenn Menschen feiern wollen und dafür viel Platz benötigen, kommen sie auf die verwegensten Ideen. So stand ich nämlich irgendwann mit wirklich allem, was ich an Sound-Equipment zu bieten hatte, in einer leeren Kartoffelhalle. 

Diese Halle war allerdings noch ganz neu und unbenutzt, daher natürlich auch noch ganz sauber. Im Herbst, zur Kartoffelernte, werden solch beheizbaren Lager bis oben hin mit den beliebten Erdäpfeln gefüllt. Bei entsprechendem Marktpreis verkauft der geschäftstüchtige Landwirt seine Bestände dann später wieder – Angebot und Nachfrage: so also funktioniert eben eine Kartoffel-Börse.
Doch vorher sollte jedoch darin noch eine Familienfeier abgehalten werden. Deshalb war dort ein Stand für Getränke aufgebaut, mehrere Reihen Bierzelt-Garnituren boten den Gästen den nötigen Platz zum Sitzen und Essen. Außerdem war die Halle festlich mit bunten Girlanden und Birkengrün geschmückt.

Jeder, der solche Locations beschallen muss, schlägt sich mit dem gleichen Problem herum. Denn akustisch wirken die glatten, kahlen Wände dieser Hallen wie eine Kirche oder ein Badezimmer. Es ist eben nichts vorhanden, was irgendwie schalldämmend oder schallschluckend wirken könnte. Dementsprechend hallt und echot es meistens unerträglich. Lediglich die Masse der Gäste macht sich später durchaus positiv auf diesen Umstand bemerkbar. Doch zum Zeitpunkt des Aufbaus und des Soundchecks ist dieser Faktor meistens leider nicht berechenbar. Ob der Sound okay ist, merkt man also erst während der Party.

Glücklicherweise gelang mir in der besagten Kartoffelhalle jedoch ein einigermaßen annehmbarer Klang. Die Gäste hatten schließlich viel Spaß und tanzten eifrig. Unter ihnen auch ein auffallend adrett gekleideter junger Mann, der zu späterer Stunde zu mir kam und mich sehr interessiert zu allen möglichen Dingen meines Jobs als DJ befragte. Zum Schluss dieses Gespräches bat er mich ganz geheimnisvoll, dass ich ihn doch mal in der Woche nach diesem Event anrufen möge – er habe eine ganz besondere Idee und die wollte er mir unbedingt vorstellen. Deshalb übergab er mir eine Visitenkarte. Darauf war zu lesen, dass der junge Gast sogar einen Doktortitel führte. Anhand seines Namens erkannte ich einen der einflussreichsten Unternehmer des Ortes.

Wenige Tage später vereinbarte ich tatsächlich diesen Termin.


Albert, so hieß der junge Mann von der Kartoffelhallen-Party, wollte unbedingt von mir gedutzt werden. Wir unterhielten uns im „Kontor“, einem Büro in seiner Firma für landwirtschaftliche Wirtschaftsgüter. Er handelte also mit Getreide, Kartoffeln, Düngemitteln, aber auch mit Baustoffen und landwirtschaftlichem Equipment. Zudem gehörten ihm Häuser, Grundstücke und Läden im Ort.


Und nun hatte er also eine Idee. Er wollte nämlich für die Menschen in seinem Ort aktiv werden. Sein geplanter Beitrag zu diesem Vorhaben: einen regionalen Radiosender gründen. Dafür suchte er geeignete Mitstreiter. Seiner Vorstellung nach sollte ich mich um die technischen Voraussetzungen dieses Senders kümmern. Auch ein Teil der späteren Ausführungen, sprich Moderationen etc., trug er mir an. Es überraschte und ehrte mich wirklich, dass Albert ausgerechnet mir einen Platz in seiner Vision anbot. Währenddessen stellte er mir die möglichen Räumlichkeiten im Dachgeschoss seines Bürogebäudes vor. 

Auch über eine weitere, sehr wichtige Voraussetzung, hatte er sich bereits Gedanken gemacht: eine Sendelizenz. Denn er wusste, dass jemand im Ort zufällig im ungenutzten Besitz einer solchen Genehmigung ist. Dieser Jemand musste daher besucht und gefragt werden, ob er seine Lizenz für dieses Projekt einsetzen und zur Verfügung stellen würde.

Bei diesem Besuch, ein paar Tage später, trafen wir einen älteren Herrn, der früher wohl Flieger oder beim Militär war. Stolz präsentierte er uns tatsächlich eine Sendelizenz. Alberts‘ Radiosender-Idee begrüßte er ausdrücklich und sicherte ihm die nötige Unterstützung durch das Nutzen der Lizenz zu. Allerdings warf er auch gleich ein, dass die endgültige Umsetzung des Plans wohl äußerst schwierig werden dürfte. Die staatlichen Voraussetzungen für den Schritt zur ersten eigenen ausgestrahlten Sendung stellten (wie auch heute noch) angeblich nahezu unüberwindbare Hürden dar. Das hänge vor allem von politischen Entscheidungen ab – dadurch ziehe sich ein solcher Vorgang ewig in die Länge. Politik halt mal wieder!

Ein zusätzlicher Wermutstropfen stellte besonders für mich eine Bedingung des Gesprächspartners dar. Der begeisterte Keyboarder wollte nämlich auf dem neu zu gründenden Sender unbedingt seine eigene Musik präsentieren. Ich meine mich heute erinnern zu können, dass er sogar selbst produzierte CDs besaß. Für eben diese Musik sollten in dem geplanten Hörfunk ausreichende Sendezeiten zugesichert werden.

Und genau diese Aussicht auf stundenlange Hammondorgel-Medleys oder Volksmusik-Interpretationen gefiel mir überhaupt nicht. Wer würde so etwas freiwillig und ständig hören wollen? Wie lange würde sich ein solches Programm denn in der Gunst der zukünftigen Hörer halten?


Eine weitere nicht zu unterschätzende Hürde in Albert's Vision eines solchen Senders sah ich in meiner ganz persönlichen finanziellen Versorgung. Wie sollte ich mit diesem Job meine Familie ernähren? 

Die ganze Idee war sicherlich irgendwie reizvoll, entpuppte sich jedoch bei näherer Betrachtung immer mehr zu einem wahren Himmelfahrtskommando. Zu viele „Wenn“ und „Aber“ machten dieses Projekt zu einem absolut unsicheren und mit etlichen Unwägbarkeiten besetzten Wagnis.
Leider hörte ich nie wieder etwas von Albert und seinem/unserem Traum vom eigenen Radiosender. Die Sache verlief somit im Sand, wo sie offenbar auch spurlos versickerte.

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