Sonntag, 22. Mai 2011

Meine Zanny bei der Luftwaffe - Vaterstolz

Meine GROSSE!











Liebe Zanny,

vor einigen Monaten, nachdem du als examinierte Diätassistentin keine vernünftige Stelle finden konntest, weihtest du mich in deinen Plan ein, freiwillig zur Bundeswehr zu gehen.
Sandra & Mirco
Seit geraumer Zeit lebst du schon in einer Partnerschaft mit deinem Freund Mirco, der sich nach einer Ausbildung zum Fluggerätmechaniker für 12 Jahre bei der Bundeswehr verpflichtet hat.

Seine Stammeinheit, das erste Eurofighter Jagdbombergeschwader der Bundeswehr, ist auf dem Fliegerhorst Laage, im Norden des Landkreises Güstrow in Mecklenburg-Vorpommern, beheimatet.
Flieger Kernke... das gab's schon mal
Du verpflichtetest dich nun also zunächst für 4 Jahre, besetzt zukünftig nach deiner Grundausbildung in Roth/Bayern eine Stelle im Stab des Flugabwehrraketen-geschwaders der Recknitztal-Kaserne in Bad Sülze, also in der Nähe des Standortes deines Schatzes.

Ihr plant, zeitnah in eine gemeinsame Wohnung in der Nähe eurer Arbeitsplätze zu ziehen.

Anno 1985
Kein Grund für ein "Natokittkatapult", wie in meiner Grundi

Wer meine Bundeswehr-Trilogie (Teil 123) gelesen hat, kennt meine Einstellung zum Dienst an der Waffe. Ehrlich gesagt bin ich damals mehr schlecht als recht durch meine Wehrpflichtzeit gekommen.


Deine Vereidigung und der vorangehende „Tag der offenen Tür“ der Otto-Lilienthal-Kaserne in Roth, in der heute die Ausbildung junger Luftwaffenrekruten stattfindet, versetzt mich hingegen mal eben 25 Jahre zurück in meine olivgrüne Zeit. Zeit, die offenbar natürlich nicht stehen geblieben ist.

Der gravierendste Unterschied zeigt sich in deiner Person selbst, denn seit dem 1. Januar 2001 sind in Deutschland alle Laufbahnen der Bundeswehr auch uneingeschränkt für Frauen geöffnet.
Fesch schaut's aus, mei Sanderl
Aber auch in anderen Bereichen hat sich Einiges geändert. Soldat/in schiesst jetzt statt mit dem G3, wie ich damals, mit einem viel leichteren, weil größtenteils aus Kunststoff bestehenden G36. Auch die Pistole Walther P1 wurde 2004 durch die Heckler & Koch P8 ersetzt.

Die normale Arbeitsuniform ist heute komplett mit einem Tarnmuster versehen, das Essen in der Kantine abwechslungs-reich, reichhaltig und lecker, der persönliche Spind des Soldaten / der Soldatin ist geräumiger und moderner, auch Unterkunft und Stube machen eher einen gemütlichen Eindruck. Es geht dir hier gut!
Coole Zanny!
Da stehe ich nun mit meiner Videocamera am Rand eines Fussballplatzes in Büchenbach, einem kleinen bayrischen Dorf in unmittelbarer Nachbarschaft zum Bundeswehrstandort Roth. 

Die Sonne scheint und es weht ein laues Mai-Lüftchen. Ich habe mir extra frei genommen, um fast 600 Kilometer von zuhause der Bundeswehr-Vereidigung meines kleinen blonden Mädchens beizuwohnen.
Meine Güte... wie die Zeit verging! 
Bilder von Zanny bis heute -
wo ist meine Kleine geblieben?
Apropos „kleines blondes Mädchen“: beim Warten auf den Aufmarsch der Rekruten schweben mir Bilder meiner eigentlich schon immer taffen Kleinen vor (siehe links). 

Bilder deiner Geburt, deiner ersten eigenen Schritte, deiner Geburtstage mit den ebenfalls unglaublich quirligen Freundinnen, deiner ersten Fahrt auf einem Fahrrad, deiner so geliebten Tanzkurse, deiner Einschulung, des Sonnenlichtes, das sich in deinen blonden Haaren beim Spielen im warmen Sand des sizilianischen Strandes unserer vielen Urlaube dort fing, Erinnerungen daran, wie ich dich zum ersten Mal zur Disco gebracht habe oder an deine erste Fahrstunde oder... oder... oder.

... drei Züge mit jeweils etwa 50 Soldaten nehmen mitten auf dem Rasen des Sportplatzes Aufstellung.

Während sich im Hintergrund das Luftwaffenmusikkorps mit Marschmusik dem Sportplatz nähert, muss ich an meine eigene Vereidigung denken – die habe ich damals nämlich wohlweisslich geschwänzt: ich Wehrpflichtiger wollte nicht schwören, dem „Deutschen Vaterland treu zu dienen und es zu verteidigen“

Du hingegen hast dich diesem Vaterland verpflichtet – dafür will es dieses Versprechen von dir hören. Hier und heute!

Bürgermeister, Kommandeur und weitere Bundeswehrpersönlichkeiten ergießen sich minutenlang verbal über den notwendigen Sinn der Truppe, die Zukunft der Bundeswehr im Allgemeinen und der gleich zu Vereidigenden und Gelobenden im Besonderen. 

Die in ihrem blauen „Großen Dienstanzug der Luftwaffe“ mit Stiefeln und grauen Lederhandschuhen anwesenden Fliegerinnen und Flieger stehen bereits eine dreiviertel Stunde regungslos in der Sonne.

Plötzlich löst sich eine Gestalt aus der Menge der Uniformierten nach hinten, schwankt, taumelt und sinkt einem herbeieilenden Sanitätssoldaten in die ausgestreckten Arme, wird schlapp auf eine bereitstehende Liege geschleift. 

Dieses Zusammensacken war jedoch offensichtlich der Startschuss für all jene Eisernen und doch Labilen, die sich vorher fest vorgenommen hatten, ihren Kreislauf nicht durch flaches Atmen zum Absturz zu bringen und diese feierliche Zeremonie eigentlich stehend überdauern wollten. 

Von den etwa 150 Soldaten erleben bestimmt 20 Personen den im Chor gesprochenen Schwur und die feierlich gespielte Nationalhymne in einem Sanitätszelt, abseits der strammstehenden Menge.

Gerade registriere ich noch mit Stolz, dass du, mein Kind, fast eineinhalb Stunden stehen bliebest, da formieren sich die frisch Vereidigten auch schon wieder zum Ausmarsch.

Zielgerichteten Blickes marschiert Flieger Kernke schnurstracks an mir vorbei und verschwindet mit ihrem ganzen Zug zwischen den parkenden Autos.

Zeit für eine Bratwurst vom Stand auf dem Sportplatz! 

Drei Landser: einer war, einer ist und einer will noch!
Was für eine Haltung - Respekt!


Irgendwie ist das hier alles wie ein großes Schützenfest, denke ich mampfend, als du plötzlich neben mir stehst. Kannst du meine Gedanken lesen?

Ich höre dich grinsend sagen: „Papa – versteh' das hier einfach alles als großes Schützenfest – dann kannst auch du damit gut leben“. Olivia gratuliert dir zum offiziellen Beitritt zu diesem großen Schützenverein – wir alle lachen, es ist okay.



Auf dem Weg nach Hause weiß ich nicht, was ich wirklich denken soll.

Eigentlich sollte ich doch froh sein, dass mein Töchterlein eine Zukunft für ihr Leben gefunden hat. Du scheinst ja sogar äußerst motiviert in diesen neuen Lebensabschnitt zu marschieren. Sicher auch Dank Mirco, der dich dabei wirklich unglaublich toll unterstützt und inspiriert.
Der Blick in die Zukunft!







Andererseits merke ich, wie sehr mein Einfluß als Vater schwindet. Die Zeiten des kleinen, kuscheligen, Blondköpfchens sind vorbei.

Zeiten, von denen ich mich wohl verabschieden muss :-(
Eine junge Frau geht ihren Weg – ich komme auf die letzte Szene deiner Vereidigung zurück – du marschierst deinen Weg, inbrünstiger als ich es je bei der Bundeswehr gemacht habe. Und es ist sicherlich nicht nur dein Weg bei der Bundeswehr.

Darf ich dich jetzt überhaupt noch "mein Kind" nennen? Ich betrachte das Bild, auf dem du mit deinem rosa Kleidchen auf meinem Arm sitzt... und das mit dem Kätzchen... ich werde sentimental... behalte dich gern so in Erinnerung.
Mirco - pass auf mein Mädel auf!

Obwohl ich - weiß Gott – weder zu den Fans noch den Befürwortern der Soldaten gezählt werden kann, bin ich mächtig stolz auf meine Tochter. 

Ich wünsche dir viel Erfolg auf deinem Weg! Alles erdenklich Gute! Viel Glück!

Dein Papa hat dich immer lieb!
Video von Zanny's Vereidigung




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